Generell gesehen, verbietet der § 4 Nr. 6 UWG die Abhängigkeit eines Gewinnspiels vom Kauf einer Ware oder Leistung. Mit anderen Worten, gilt es als unlauter Wettbewerb, wenn die Teilnahme an einem Gewinnspiel oder an einem Preisausschreiben davon abhängig gemacht wird, ob jemand eine Ware oder Leistung erwirbt. In letzter Zeit gingen juristische Meinungen allerdings in die Richtung, dass diese Regelung etwas zu eng gefasst worden ist. So sah es auch der BGH.
In einem Urteil vom 05.10.2010 (Az.: I ZR 4/06) stellte der BGH fest, dass der § 4 Nr. 6 UWG in einigen Fallkonstellationen nicht mit Unionsrecht vereinbar wäre. Im behandelten Fall ging es um eine Einzelhandelskette, die ihren Kunden pro € 5,- Einkaufswert Bonusmarken übergab. Die Kunden konnten ab einer gewissen Anzahl solcher Marken, kostenlos bei einer Lotterie mitspielen.
Diese Vermarktungstaktik sag der BGH nicht als unlauter und somit wettbewerbswidrig an.
Zur Begründung stellten die Richter den Bezug zur Europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken her.
Nach der Darlegung des BGH bezeichnet die Richtlinie in Art. 5 zwei Geschäftspraktiken, die als unlauter einzustufen sind. Hierbei handelt es sich um die sog. „irreführenden Praktiken“ sowie um die „aggressiven Praktiken“. Zudem werden in einem Anhang zur Richtlinie, erschöpfend Geschäftspraktiken aufgezählt, die ebenfalls gem. Art. 5 der Richtlinie unter allen Umständen stets unlauter sind und ohne eine Beurteilung des Einzelfalls als solche eingestuft werden können. Der Anhang dieser Richtlinie wurde über die Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG in deutsches Recht aufgenommen. Weder diese Anlage, noch die Anlage der Richtlinie selbst beinhaltet ein Verbot der Verbindung von Gewinnspielen und Umsatzgeschäften. Demnach ist nach Ansicht des BGH mehr als naheliegend, dass sich solch ein Vorgehen nicht ohne Weiteres unter den Tatbestand der unlauteren Geschäftspraktiken fassen lassen kann. Auch den Tatbestand einer aggressiven oder irreführenden Geschäftspraxis erfüllt eine solche Kopplung nicht.
Demnach ist eine Kopplung von Gewinnspielen an Umsatzgeschäfte nur im Einzelfall als möglicherweise Unlauter anzusehen, sofern es diverse Kriterien erfüllt. Solche wären hier ein Widerspruch des fraglichen Verhaltens zu den Erfordernissen beruflicher Sorgfaltspflicht sowie die Geeignetheit das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers zu beeinflussen.
Das diese Kriterien stets durch eine beschriebene Kopplung erfüllt werden sei keineswegs anzunehmen. Somit ist nach Ansicht des BGH eine solche Regelung, die Kopplungen in allen Fällen ausschließt und als unlauter definiert nicht mit der Europäischen Richtlinie zu vereinbaren.
§ 4 Nr. 6 UWG stellt also kein absolutes Verbot dar, sondern muss richtlinienkonform ausgelegt werden. Dies bedeutet, dass immer auf den Einzelfall abzustellen ist. Hier muss dann jeweils überprüft werden, ob die fragliche Geschäftsweise im Einzelfall irreführend ist oder gegen die berufliche Sorgfaltspflicht verstoßen könnte.
Links:Originalurteil auf bundesgerichtshof.de
Wichtig für den IT-Unternehmer:
Gerade da der BGH auf Einzelfallbetrachtungen abstellt, um die Rechtmäßigkeit solcher Kopplungen zu bewerten, muss klar hervorgehoben werden, dass es sich auch bei der hier betrachteten Geschäftspraxis um eine Einzelfallentscheidung handelte. Demnach sollten Anbieter solcher Gewinnspiele, die mit dem Abschluss eines Vertrags in Verbindung stehen oder diesen als Voraussetzung haben, eine Teilnahme für „Nichtkäufer“ zu ermöglichen.
Ein generelles Verbot, wie es sich aus dem Wortlaut des § 4 Nr. 6 UWG ergeben könnte, besteht nach diesem Urteil allerdings nicht mehr. Bei der Konzeption solcher Gewinnspiele und vor allem beim Verfassen der Teilnahmebedingungen, sollte allerdings ein fachkundiger Anwalt aufgesucht werden, da eine Abgrenzung für einen Laien nicht ohne weiteres nur positiv ausgehen mag.