Seit einigen Jahren haben deutsche Unternehmen und Anwälte die Abmahnung als adäquates Mittel entdeckt, kleine Unternehmen aus dem Markt zu drängen. Besonders unerfahrene Existenzgründer geben nämlich schnell auf, wenn sie gleich zu Anfang der unternehmerischen Tätigkeit einige Tausend Euro wegen Verletzung unbekannter Vorschriften zahlen sollen. Auf dieser Seite erhalten Sie einen rechtlichen Überblick und Verhaltensvorschläge für Abgemahnte.
Rechtsgrundlagen
Die Abmahnung kann sich auf unterschiedliche Gründe beziehen. Sie kann sich als Rechtsgrund auf eine Markenverletzung stützen oder auch auf eine Verletzung von Wettbewerbsrecht oder Urheberrecht. Sind Persönlichkeits- oder Namensrechte verletzt, so ist die Abmahnung ebenfalls das richtige Mittel, um vor der Inanspruchnahme der Gerichte zu warnen.
Häufige Abmahnfälle
Wettbewerbsrecht: Hierauf stützt sich die Mehrzahl an Abmahnungen. Nach § 5 UWG ist beispielsweise die irreführende Werbung verboten und damit abmahfähig. Nach § 4 Nr. 11 UWG ist eine Wettbewerbsverletzung zudem anzunehmen, wenn eine Vorschrift verletzt wird, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Im Grunde ist daher jede Vorschrift des deutschen Rechts als Grundlage für Abmahnungen tauglich, soweit Sie auch das Marktverhalten regeln will. Solche Vorschriften sind insbesondere
- BGB § 202 II: Fehlerhafte Werbung mit lebenslanger Garantie (veraltet)
- BGB § 312c: Fehlerhafte Widerrufsbelehrung in Onlineshops/ebay-Shops
- BGB § 309: Fehlerhafte Klauseln in AGB
- BuchPrG § 3: Fehlerhafte Werbung mit Buchpreisen (Buchpreisbindung)
- ElektroG § 6 II: Fehlerhafte Registrierung als Verkäufer von Elektrogeräten
- ElektroG § 7: Fehlerhafte Kennzeichnung von Elektrogeräten
- EnVKV § 3: Fehlerhafte Kennzeichnung von Haushaltsgeräten
- KosmetikV § 5: Fehlerhafte Kennzeichnung von Kosmetika
- PAngV § 1: Fehlerhafte Preisangaben in Onlineshops
- TextilKennzG § 1: Fehlende Kennzeichnung von Textilien
- TMG § 5: Fehlerhaftes Impressum
- UWG § 7: SPAM
- VerpackungsV § 6: Fehlerhafter Hinweis auf Rücknahmepflicht
- ZZulV § 9: Fehlerhafte Kennzeichnung von Zusatzstoffen in Lebensmitteln
Markenrecht: Die Verletzung fremder Markenrechte geschieht schneller, als man grundsätzlich denkt. Bevor man einen bestimmten Begriff als Geschäfts- oder Produktbezeichnung verwendet, sollte man eine Markenrecherche in Auftrag geben. Sehen die Ergebnisse gut aus, dann kommt eine Verwendung in der Werbung in Betracht. Besonders abmahngefährdet ist die Verwendung fremder Marken als Keywords in Google Adwords. Hier ist die Rechtslage zwar umstritten, jedoch ist von einer solchen Vorgehensweise abzuraten.
Urheberrecht: Die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke (Bilder, Texte, Videos, mp3 etc.) ist rechtswidrig, soweit der Urheber oder Rechteverwerter nicht seine Zustimmung erteilt hat. Besonders häufig kommt es hier zu Abmahnungen wegen unerlaubter Verwendung fremder Digitalbilder auf eigenen Webseiten, wegen unerlaubter Vervielfältigung bzw. Zugänglichmachung von geschützten mp3-Dateien oder wegen der Übernahme fremder Artikel bzw. AGB von fremden Webseiten.
Kosten
Viele Abmahner gehen aus strategischen Gründen so vor, dass sie zunächst die Abmahnung nebst Unterwerfungserklärung zustellen lassen. Unterzeichnet dann der Abgemahnte in der Hoffnung die Unterwerfungserklärung, die Angelegenheit wäre damit aus der Welt, erhält er wenige Tage später eine Kostennote in Höhe von meist über EUR 1.000,00 netto. Die Höhe der Abmahnkosten richtet sich hier nach dem Streitwert. Als Richtwerte gelten bei Wettbewerbsverletzung Summe bis zu EUR 25.000,00, bei Markenverletzungen bis zu EUR 100.000,00 sowie bei Urheberrechtsverletzungen bis zu EUR 20.000,00. Der konkrete Gebührenwert ist nun anhand dieser Werte der Gebührentabelle zu entnehmen. So ergibt sich der Gebührenwert des Anwaltes bei einer Mittelgebühr und einem Streitwert von EUR 50.000,00 von EUR 1.379,00 netto. Hinzu kommen EUR 20,00 Auslagenpauschale und 19% Umsatzsteuer. Im Markenrecht herrscht zudem die Besonderheit, dass der Anwalt jederzeit auch einen Patentanwalt hinzuziehen kann, dessen Gebühren nach § 140 MarkenG ebenfalls voll in Rechnung zu stellen sind. Im Urheberrecht gilt ab dem 01.09.2008 eine Höchstgrenze von EUR 100,00.
Liegen die Werte in der vorliegenden Abmahnung deutlich höher, also obige Werte, so sollte daher ein Anwalt hinzugezogen werden.
Vorgehensweise
Viele Abmahnungen enthalten Fehler. So übersehen Anwälte neuere Urteile, die zugunsten des Abgemahnten entschieden haben (so in letzter Zeit Urteile zur Nichterreichung der Erheblichkeitsschwelle bei Verstoß gegen die Preisangabenverordnung). Zudem zeigt sich immer wieder, dass auch die Abmahnenden auf ihren Internetseiten Fehler eingebunden haben, die wiederum zur Abmahnung rechtfertigen. Tritt ein solcher Fall auf und wird in der gegnerischen Internetpräsenz ein abmahnfähiger Verstoß entdeckt – Spezialisten werden hier nicht selten schnell fündig -, so ist es dem bevollmächtigten Anwalt meist innerhalb weniger Tage möglich, die Angelegenheit ohne Unterwerfungserklärung und Kostenübernahme aus der Welt zu schaffen.
In jedem Fall ist daher im Falle einer Abmahnung zu empfehlen, einen spezialisierten Anwalt zu Rate zu ziehen. Der Rechtsanwalt für Internetrecht Dr. Wulf bietet seinen Mandanten hier eine Beratung nach Stundensatz an, so dass im Regelfall eine Kostenreduzierung erreicht werden kann.