Aufsatz: Rechtliche Einordnung von Serververträgen

Der Serververtrag wird von Juristen nicht einheitlich eingeordnet. Während die überwiegende Anzahl von einem Mietvertrag ausgeht, ebben die Stimmen, welche einen Dienstvertrag vorziehen, nicht ab. Dieser Beitrag gibt...

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Der Serververtrag wird von Juristen nicht einheitlich eingeordnet. Während die überwiegende Anzahl von einem Mietvertrag ausgeht, ebben die Stimmen, welche einen Dienstvertrag vorziehen, nicht ab. Dieser Beitrag gibt einen Überblick zur gegenwärtigen Rechtslage.

rechte_urheber_10I. Einleitung
Das Internet wird seit Jahren nicht nur von privaten Kunden als Informationsmedium, sondern auch von Unternehmen als Medium zur Präsentation ihrer Waren- oder Dienstleistungsangebote und gleichzeitig Abwicklungsplattform für Verträge genutzt. Bedingung für einen erfolgreichen Internetauftritt ist jedoch zunächst das Schaffen entsprechender technischer Voraussetzungen. Zu diesem Zweck benötigt der Unternehmer als Erstes einen Server  , auf dem die Informationen des Unternehmens in Form eines HTML-Codes   gespeichert werden. Als Zweites ist erforderlich, dass dieser Server über eine Netzverbindung an das Internet angeschlossen und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Da der Anschluss an das Internet mit einem erheblichen technischen Aufwand verbunden ist und nur von sog. Access-Providern   zur Verfügung gestellt wird, stehen dem Unternehmer bei der Umsetzung obiger Voraussetzungen lediglich drei verschiedene Möglichkeiten offen. Dieser kann entweder

  • Speicherplatz auf einem auch von anderen Kunden genutzten Server eines Anbieters mieten (Webhosting) oder
  • einen Server des Anbieters nur für den eigenen Gebrauch mieten (Webhousing) oder aber
  • einen eigenen Server beim Anbieter unterstellen, so dass dieser an das Internet angeschlossen werden kann (Serverhousing).

In jedem Fall muss sich der Unternehmer daher vertraglich gegenüber einem Internet-Anbieter binden. Die Ausgestaltung dieser Verträge kann unterschiedliche Formen annehmen, so dass nicht immer eindeutig ist, welche Rechtsnormen Anwendung finden. Auch die Umsetzung solcher Verträge führt nicht selten zu rechtlichen Problemen, die infolge einer unterschiedlichen Qualifizierung der Vertragsformen nur schwer zu lösen sind.

Dieser Beitrag soll zunächst die verschiedenen Möglichkeiten einer rechtlichen Einordnung darstellen, um anschließend Rechtsfragen der Haftung für Serverausfälle zu klären.

II. Rechtliche Einordnung
Die rechtliche Qualifizierung von Serververträgen ist nicht abschließend geklärt. Im Vordergrund aller drei Vertragsarten steht regelmäßig die Pflicht des Anbieters zur Verbindung mit dem Internet. Alle übrigen Pflichten differieren jedoch abhängig von der Art der vertraglichen Ausgestaltung.

1. Webhosting
Beim Webhosting stellt der Anbieter auf einem von ihm selbst betriebenen Server dem Kunden Speicherplatz für seine HTML-Seite zur Verfügung  . Zentraler Inhalt des Vertrages sind hier zwei grundlegende Leistungen: Der Anbieter hat zunächst die Nutzung von Speicherkapazität auf dem Rechner des Anbieters zu gewährleisten.

Zum anderen hat er mittels entsprechender technischer Infrastruktur wie Übertragungswegen, Schnittstellen, Übertragungssoftware und Hardware für die Anbindung der Internet-Präsentationen an das Internet zu sorgen  . Die Einordnung dieser Vertragsart ist in der deutschen Literatur und Rechtsprechung umstritten.

1.1 Meinungsstand
Weitgehende Übereinstimmung gibt bei der Einordnung des Webhostingvertrages als Dauerschuldverhältnis, da dieser auf unbestimmte Zeit bzw. über einen längeren Zeitraum mit wiederkehrenden Leistungen abgeschlossen wird  . Unterschiedliche Auffassungen gibt es jedoch hinsichtlich der Entscheidung, ob der Webhostingvertrag infolge der zwei verschiedenen Leistungen auch zwei unterschiedlichen Vertragstypen zuzuordnen sind.

1.1.1 Webhosting als Werkvertrag
Teilweise wird vertreten, dass der gesamte Webhostingvertrag – unabhängig von dem Bestehen zweier unterschiedlicher Hauptpflichten – als Werkvertrag zu qualifizieren ist  . Zur Begründung wird angeführt, dass es dem Kunden ausschlaggebend auf die Veröffentlichung dessen Websites ankomme, so dass letztendlich genau dieser Erfolg vertraglich geschuldet sei.

1.1.2 Webhosting als Mietvertrag
Das Amtsgericht Berlin Charlottenburg hat dagegen in seiner Entscheidung vom 11.1.2002   unter Bezugnahme auf Cichon   bestimmt, dass der Webhostingvertrag als Mietvertrag über Serverkapazitäten zu qualifizieren sei, so dass die Verpflichtung zur Infrastrukturanbindung hiernach wohl eher als Nebenpflicht angesehen wird.

1.1.3 Webhosting als Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter
Das LG Hamburg hat dagegen in seinem Urteil aus dem Jahre 1996   entschieden, es handele sich bei einem derartigen Providervertrag um einen Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter, wobei die Zurverfügungstellung des Servers als Dienst- und die Zugangsverschaffung zum Internet als Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren sei. Ein Erfolg sei in beiden Fällen nicht geschuldet. Dieser Ansicht haben sich Teile der Literatur angeschlossen  .

1.1.4 Einordnung abhängig von jeweiliger Hauptpflicht
Die – soweit ersichtlich – übrigen Autoren zu diesem Thema sind die Auffassung, dass sich die rechtliche Einordnung des Vertragstyps nach den jeweiligen vertraglichen Pflichten richtet. So wird die Verpflichtung zur Gewährung von Speicherkapazität überwiegend den mietrechtlichen Vorschriften zugeordnet, da sich der Anbieter mit dem Webhostingvertrag zur Gebrauchsüberlassung auf Zeit gegen Zahlung eines Mietzinses verpflichtet  . Auch eine Qualifizierung als Verwahrungsvertrag wurde diskutiert  . Die Pflicht zur Anbindung an die technische Infrastruktur wird dagegen – neben Redeker, der den Webhostingvertrag grundsätzlich als Werkvertrag qualifiziert   – als dienst-   oder mietvertragliche   Verpflichtung angesehen.

1.2 Stellungnahme

1.2.1 Kein alleiniger Werkvertrag
Den Webhostingvertrag als schlichten Werkvertrag zu bezeichnen, erscheint angesichts der Tatsache, dass die Gebrauchsüberlassung von Speicherplatz im Vordergrund steht, zu übersehen, dass die mietvertraglichen Vorschriften die Fälle der Gebrauchsüberlassung spezieller regeln, als dies bei den werkvertraglichen Vorschriften der Fall ist. Darüber hinaus spricht gegen die Annahme eines Werkvertrages, dass es sich beim Webhosting unstreitig um ein Dauerschuldverhältnis handelt, der Werkvertrag aber im eigentlichen Sinne ein Einzelvertrag ist  .

Ausschlaggebend für die Ablehnung einer Einordnung als Werkvertrag erscheint jedoch der Umstand, dass der Anbieter die Verbindung des Servers zum Internet aufgrund der geringfügigen Kontrolle und Unwägbarkeiten des weltweiten Netzes nicht garantieren kann. Eine Verantwortung für alle von ihm nicht betriebenen und im Wesentlichen auch nicht kontrollierbaren Übertragungswege, Netze, Knotenpunkte und Rechner Dritter kann der Anbieter nicht übernehmen  . Zudem hat der Anbieter keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit fremder Rechner  . Im Falle von Störungen der Verbindungsleitungen zu einem Internet-Einwählknoten wäre der Anbieter bei Anwendung der werkvertraglichen Vorschriften vielmehr verpflichtet, notfalls den Zugang der Informationen mit anderen Mitteln sicherzustellen.  Diese weitgehende Verantwortung wird ein Anbieter jedoch regelmäßig nicht tragen wollen. Insoweit kann die Anbindung des Servers zum Internet nicht als Erfolg geschuldet sein. Er kann allenfalls dem Kunden eine angemessene Betreuung in der Weise schulden, dass der Anschluss nicht aus Gründen, die in seinem Machtbereich liegen, funktionsunfähig ist  . Diese Verpflichtung entspricht jedoch nicht einer Erfolgshaftung, so dass eine Anwendung von werkvertraglichen Vorschriften auf den Webhostingvertrag nach hier vertretender Ansicht ausscheidet.

1.2.2 Kein alleiniger Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter
Der Anbieter soll nach dem Willen des Kunden seine Vergütung nur dann erhalten, wenn die Website tatsächlich auf seinem Netzrechner gespeichert und von dort aus dem Internet abgerufen werden kann  .
Da der Dienstvertrag jedoch lediglich ein tätig werden fordert, ohne für einen bestimmten Erfolg zu haften – wie dies etwa beim Werkvertrag der Fall ist – wird diese Vertragsform auch nicht den Ansprüchen des Kunden gerecht. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Anbieter die Garantie übernimmt, alles in seiner Macht stehende zu tun, um die Anbindung an die technische Infrastruktur ohne Beeinträchtigungen zu gewährleisten. Allerdings bleibt es den Anbietern selbstverständlich unbenommen, hier abweichend eine ausdrückliche Anwendung der dienstvertraglichen Vorschriften zu vereinbaren  . Eine Anwendung rein dienstvertraglicher Vorschriften scheidet daher ebenfalls aus.

1.2.3 Kein alleiniger Mietvertrag
Die Einordnung der Anbindung an die technische Infrastruktur als Nebenpflicht des Mietvertrages über Speicherkapazitäten – wie wohl vom AG Charlottenburg   vertreten – mangelt dagegen an einer Fehlinterpretation der Kundeninteressen.

Es wird hier übersehen, dass es dem Kunden bei Abschluss eines Webhostingvertrages regelmäßig um die Öffentlichkeit seines Internetauftritts geht  . Die Anbindung an die technische Infrastruktur, also an einen Knotenpunkt des Internet, ist daher bei einer interessengerechten Betrachtung nicht als Nebenpflicht zur Miete des Speicherplatzes, sondern vielmehr als Hauptpflicht zu qualifizieren. Bei dieser Anbindung geht es im Kern um die Schaffung der technischen Voraussetzungen, damit einzelne Internet-Nutzer auf die Dateien auf dem Server ordnungsgemäß zugreifen und – im Falle eines Webservers – diese auf ihrem Browser betrachten können  .

1.2.4 Einordnung nach Einzelleistungen des Anbieters
Im Ergebnis ist daher der Webhostingvertrag nicht als Gesamtheit, sondern als eine Verbindung zweier vertraglicher Hauptpflichten zu sehen, so dass eine Einordnung nach den Einzelleistungen des Anbieters vorzunehmen ist.

1.2.4.1 Hauptleistungspflicht Speicherplatzgewährung
Der Anbieter ist aus dem Webhostingvertrag verpflichtet, dem Kunden Speicherkapazität zur Verfügung zu stellen, damit dessen Website eingerichtet und anschließend dauerhaft abrufbar gehalten werden kann  .

1.2.4.1.1 Kein Verwahrungsvertrag
Teilweise wird vertreten, die Verpflichtung zur Gewährung von Speicherkapazität und Speicherung der HTML-Daten durch den Anbieter als Verwahrungsvertrag zu werten  . Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Zwar stellt der Anbieter ebenfalls den erforderlichen Raum für die Aufbewahrung des zu verwahrenden Gegenstandes zur Verfügung, so dass durchaus Parallelen erkennbar sind. Jedoch ist es letztendlich nicht die Pflicht eines Verwahrers, Dritten Zugang zum Verwahrungsgegenstand zu verschaffen, worauf es den Webhostingkunden jedoch gerade ankommt. Darüber hinaus ist zu bezweifeln, dass der Verwahrungsvertrag nach § 688 BGB überhaupt auf digitales Datenmaterial Anwendung findet  .

1.2.4.1.2 Keine Geschäftsbesorgung
Das LG Hamburg hatte die Anbindung an die technische Infrastruktur in einem ähnlichen Fall als Geschäftsbesorgung qualifiziert. Dieser Einordnung steht jedoch entgegen, dass in diesem Fall der Anbieter für den Kunden eine wirtschaftliche Tätigkeit ausführen müsste, für die dieser ursprünglich als Geschäftsherr selbst zu sorgen hatte, also eine bereits bestehende Obliegenheit des Geschäftsherrn zu übernehmen  . Die Bereitstellung von Informationen im Internet dürfte dagegen gerade nicht als eine Obliegenheit des Geschäftsherrn zu qualifizieren sein, so dass eine Geschäftsbesorgung den Interessen der Parteien des Webhostingvertrages nicht entspricht.

1.2.4.1.3 Mietvertrag
Da im Ergebnis sowohl Verwahrungs- als auch Werkvertrag als Grundlage für die Gewährung von Speicherkapazität ausscheidet, verbleiben letztlich nur die mietrechtlichen Vorschriften als angemessenes Instrument für den rechtlichen Umgang mit der Hauptpflicht Gewährung von Speicherkapazität.

Die Tatsache, dass dem Kunden kein tatsächlicher Besitz am Server eingeräumt wird, schadet dieser Qualifizierung nicht, da für eine Miete lediglich die Gebrauchsüberlassung an einer Sache erforderlich ist, also die Ermöglichung zum vertragsgemäßen Gebrauch  .

Darüber hinaus ist die Besitzverschaffung nur dann Voraussetzung für die ordnungsgemäß Erfüllung eines Mietvertrages, wenn der Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nur ausüben kann, wenn die Sache in seinem Besitz ist  . Diese Ansicht vertritt auch der Bundesgerichtshof, der einen Rechenzentrumsvertrag als Mietvertrag qualifiziert hat, obwohl der Kunde den bei dem Rechenzentrumsbetreiber stationierten Rechner nur mittels Datenfernübertragung nutzen und dabei keinerlei Sachherrschaft über den Rechner ausüben konnte  .

Auch die Tatsache, dass dem Kunden des Webhosting lediglich ein bestimmter Teil des Servers zur Verfügung gestellt wird, und keine Sache, steht dieser Einordnung nicht entgegen. Insoweit lässt sich die Parallele ziehen zu Mietverträgen, die bestimmte Teile von Gebäuden – etwa Flächen, an denen Plakate angebracht werden – zum Gegenstand haben. Auch hier werden lediglich Teile einer Sache vermietet und einheitlich die mietrechtlichen Vorschriften zur Anwendung gebracht  .

Schließlich könnte man eine Einordnung als Mietvertrag mit der Begründung ablehnen, dass beim Webhosting kein bestimmter Bereich der Serverfestplatte zum Gebrauch überlassen werden kann, und daher der Bestimmtheitsgrundsatz verletzt wäre. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es für die vertragschließenden Parteien letztlich gleichgültig ist, welche einzelnen Cluster der Festplatte für die HTML-Dateien des Kunden zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus gilt der Bestimmtheitsgrundsatz ausschlaggebend für den Bereich des Sachenrechts, so dass auch diesbezüglich einer Einordnung als Mietvertrag nichts entgegensteht.

1.2.4.2 Hauptleistungspflicht Infrastrukturanbindung
Eine weitere Vertragspflicht des Anbieters ist es, über einen sog. Gateway-Rechner und weitere technische Einrichtungen (Einwählknoten, Modem) die erforderlichen Übertragungskapazitäten zu schaffen, um den Zugang zum Internet herzustellen, damit die Internet-Nutzer die bereitgestellten Informationen über die vom Anbieter unterhaltenen Einrichtungen abrufen zu können.  Da der Werkvertrag wiederum aufgrund der Unwägbarkeiten des Internet als Erfolgsverpflichtung ausscheidet, ist hierbei letztlich zu prüfen, ob diese Pflicht als Mietvertrag oder aber Dienstvertrag zu qualifizieren ist.

1.2.4.2.1 Kein Dienstvertrag
Wie bereits oben angeführt, fordert der Dienstvertrag lediglich ein tätig werden, ohne für einen bestimmten Erfolg zu haften. Zwar ist es dem Anbieter nicht möglich, die durchgehende, störungsfreie Verbindung mit dem Internet zu garantieren, so dass werkvertragliche Vorschriften nach der hier vertretenen Ansicht ausscheiden. Jedoch erwartet der Kunde des Webhostingvertrages vom Anbieter eine Garantie, alles in seiner Macht stehende zu tun, um die Anbindung an die technische Infrastruktur ohne Beeinträchtigungen zu gewährleisten. Diese Pflicht wird dem Dienstvertrag jedoch nicht gerecht. Darüber hinaus ist der Webhostingvertrag nicht auf die persönliche Tätigkeit des Anbieters gerichtet, sondern auf Nutzung der technischen Infrastruktur. Insoweit ist die persönliche Dienstleistung des Anbieters allenfalls als Nebenpflicht zu qualifizieren, was einer Einordnung als Dienstvertrag entgegensteht.

1.2.4.2.2 Mietvertrag
Kommt man daher zu dem Schluss, dass der Anbieter des Webhostingvertrages mit der Anbindung an die technische Infrastruktur letztendlich die Gewährung einer Gebrauchsmöglichkeit schuldet, so erscheint es auch angemessen, diese vertragliche Pflicht grundsätzlich ebenfalls dem Mietvertragsrecht zuzuordnen  . Hierfür spricht schließlich die Vergleichbarkeit mit Verträgen über die Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen, bei denen dem Kunden gegen Zahlung monatlicher Grund- und nutzungsabhängiger Entgelte die Möglichkeit zum Telefonieren gegeben wird. Auch diese Verträge werden nach überwiegender Auffassung als Mietverträge qualifiziert  .

Im Ergebnis sind auf den Webhostingvertrag daher die mietvertraglichen Vorschriften anzuwenden. Im Unterschied zur vermuteten Auffassung des AG Charlottenburg handelt es sich jedoch bei der Infrastrukturanbindung nicht um eine Nebenpflicht zum Mietvertrag über Speicherkapazitäten, sondern um eine eigenständige Hauptpflicht gerichtet auf Überlassung des Gebrauchs an der technischen Infrastruktur des Anbieters.

Soweit der Anbieter jedoch weitere Verpflichtungen übernimmt (wie etwa Erstellung der Website oder Betrieb einer kompletten Internetplattform), so dürfte dieser Teil des Vertrages durchaus den werkvertraglichen Vorschriften zugehörig einzuordnen sein, da die geschuldete Leistung nun nicht mehr in der Gebrauchsüberlassung, sondern in einem erfolgsbezogenen Tätigwerden zu finden ist  .

2. Webhousing
Steht fest, dass der Webhostingvertrag als Mietvertrag i.S.d. § 535 BGB einzuordnen ist, so ist fraglich, ob diese Qualifizierung auch für den Webhousingvertrag zutrifft. Im Unterschied zum Webhosting wird hier nicht ein virtueller Server – also lediglich Speicherplatz auf einem auch von anderen genutzten Server  (Teilkapazitäten) –, sondern ein eigener Server des Anbieters mit seiner gesamten Speicherkapazität zur Verfügung gestellt.

Soweit eine rechtliche Einordnung bereits zum Webhosting stattgefunden hat, kann bezüglich dieser Vertragsart weitgehend verwiesen werden. Der Anbieter des Webhousing schuldet neben den normalen Pflichten des Webhosting – also Gewährung von Speicherkapazität und Anbindung an die technische Infrastruktur – lediglich zusätzlich die Gebrauchsgewährung eines eigenen Servers. Hierbei besteht aus rechtlicher Sicht jedoch kein Unterschied, ob der Anbieter einen vollständigen oder lediglich einen virtuellen Server zur Verfügung stellt. In beiden Fällen handelt es sich um entgeltliche Gebrauchsüberlassung von Hardware, welche nach hier vertretender Ansicht als Mietvertrag einzuordnen ist.

3. Serverhousing
Das Serverhousing ist seinem Inhalt nach wiederum ähnlich ausgestaltet, wie das Webhousing. Hauptunterschiede ist die Eigentümerstellung hinsichtlich der eingesetzten Server sowie die Art des Mietobjektes  . Während der Anbieter des Webhousing seinen eigenen Server vollständig dem Kunden zur Verfügung stellt, sorgt der Anbieter des Serverhousing nur dafür, dass der Server des Kunden an die technische Infrastruktur des Rechenzentrums – also auch an das Internet – angeschlossen wird, wobei zuvor ein Stellplatz für den Server zur Verfügung gestellt werden muss.

Aus vertraglicher Sicht schuldet der Anbieter des Serverhousing also die Aufstellung des fremden Servers in seinen Räumen und dessen Anschluss an seine Netzwerkanbindung ans Internet. Hinzu kommt regelmäßig die Wartung und Pflege des bei ihm untergestellten Servers und die Bewertung des Anschlusses auf dessen einwandfreies Funktionieren hin.

Während der Webhousingvertrag wie auch der Webhostingvertrag – wie oben festgestellt – als mietvertragliche Vereinbarung zu qualifizieren sind, kommt nun beim Serverhousing die neue Komponente der Raumüberlassung hinzu. Vermietet wird hier nicht mehr der Server oder Teilkapazitäten hiervon, sondern ein Stellplatz, in dem der kundeneigene Server untergebracht und mit der technischen Infrastruktur verbunden wird. Hierbei stellt sich zunächst die Frage, ob die Vermietung solcher Stellplätze auch als Raummiete zu qualifizieren ist. Diese Frage erlangt gerade dann besondere Bedeutung, sobald sich der Anbieter auf ein Vermieterpfandrecht i.S.d. § 562 BGB berufen will, das lediglich auf die Raummiete anwendbar ist. 3.1 Vermietung von Stellplätzen als Raummiete
Stellt der Anbieter dem Kunden lediglich einen Stellplatz innerhalb des angemieteten Raumes zur Verfügung, so ist in vertraglicher Hinsicht sicherlich entsprechend der oben gefundenen Ergebnisse   von einem Mietvertrag auszugehen. Vermietet werden können jedoch sowohl Sachen als auch Räume. Kommt es im Einzelfall nun darauf an, ob es sich um Sach- oder Raummiete handelt, so erscheint zunächst fraglich, welche Voraussetzungen zum Vorliegen einer Vermietung von Räumen erfüllt sein müssen.

Der Begriff der Räume umfasst grundsätzlich alle Gebäude und Innenräume von Gebäuden, den denen sich ein Mensch aufhalten kann  . Hierzu gehören auch Teile eines Raumes, wie z.B. Stellplätze in einer Sammelgarage. Nicht als Räume sind jedoch Plätze und Stände in Räumen oder aber Schließ- oder Schrankfächer zu qualifizieren.

Steht jedoch fest, dass auch Schrankfächer nicht als Raum einzuordnen sind, so ist auch die Vermietung von Stellplätzen nicht der Raummiete zugänglich. Ein Vermieterpfandrecht des Anbieters i.S.d. § 562 BGB entsteht somit an den Servern des Kunden nicht.

Eine andere Einordnung ergibt sich allerdings, sobald der Betreiber des Rechenzentrums in seinen Räumlichkeiten eingrenzbare „Unterräume“ wie z.B. Käfige schafft, die abschließbar und somit nur vom Mieter zu betreten sind. Hier dürften nun durchaus die Vorschriften über die Raummiete Anwendung finden , so dass dem Vermieter nun auch ein Vermieterpfandrecht an den eingebrachten Servern zur Verfügung steht.

3.2 Anbindung an die technische Infrastruktur
Steht daher fest, dass die Vermietung von Stellplätzen nicht als Raum-, sondern als Sachmiete zu qualifizieren ist, so stellt sich als nächstes die Frage, wie nun die weitere Pflicht zur Anbindung an die technische Infrastruktur einzuordnen ist.

In konsequenter Anwendung der hier vertretenen Ansicht, handelt es sich bei der Anbindung an die technische Infrastruktur jedoch um eine weitere Hauptpflicht des Anbieters, die selbständig zu qualifizieren ist.
Gemäß dieser Schlussfolgerung stellt die Infrastrukturanbindung wiederum eine Nutzung der technischen Einrichtungen des Anbieters dar und damit eine Gebrauchsüberlassung, so dass auch hier m.E. die mietvertraglichen Vorschriften zur Anwendung gelangen.

III. Haftung des Anbieters für Störungen

Steht anhand obiger Ergebnisse fest, dass sowohl das Webhosting und Webhousing als auch das Serverhousing nach Mietrecht zu beurteilen ist, so stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen hieraus in der alltäglichen Praxis abzuleiten sind.

Als häufigstes Problem im Zusammenhang mit Serververträgen gelten Fragen der Haftung für Funktionsstörungen. So ist es möglich, dass infolge verschiedener Ursachen der Server plötzlich komplett ausfällt. Dies hätte beispielsweise bei eCommerce-Anbietern wie Amazon, Otto oder Neckermann wirtschaftlich katastrophale Auswirkungen, da Internet-Bestellungen den Vertragspartner nicht erreichen könnten.

Das ausschlaggebende Interesse des Kunden bei Serververträgen liegt daher in der Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Funktionsweise des Servers. Es stellt sich hier die Frage, inwieweit der Anbieter von Serverdienstleistungen für den Ausfall eines Servers einzustehen hat.

1. Haftung für eigenes und fremdes Verschulden
Gerade bei der Bereitstellung der technischen Voraussetzungen für den Internetzugriff ist der Anbieter auf die Leistungen Dritter angewiesen. So wird der Anbieter von Serverhousingverträgen zwar regelmäßig die Geschäftsräume für die Unterbringung der Server bereitstellen. Diese sind jedoch nicht selten selbst angemietete Räume innerhalb von eigenständigen Rechenzentren. Auch die technische Infrastruktur wird vom Anbieter regelmäßig durch Anmietung der Leitungswege oder Leitungskapazität (Bandbreite) zu dem nächsten Knotenpunkt des Internet von einem dritten Anbieter angemietet  . Für die Haftung gegenüber Kunden ist daher ausschlaggebend, inwieweit eine Haftung des Anbieters für Fremdverschulden in Betracht kommt.

Es gilt hier der allgemeine zivilrechtliche Grundsatz des § 278 BGB, wonach der Anbieter auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen einzustehen hat. Ausschlaggebend für die Haftung ist daher der Umfang des Pflichtenkreises des Anbieters  . Verspricht dieser also gegenüber seinen Kunden eine Anbindung des Servers an einen bestimmten Internet-Backbone, so haftet dieser auch für Störungen der Verbindung, soweit der Erfüllungsgehilfe hierfür verantwortlich ist.

2. Ursachen des Serverausfalls
Für den Ausfall eines Servers kommen verschiedene Ursachen in Betracht. Zu den häufigsten Ursachen gehören der technische Defekt, der Virenbefall und schließlich der Hackerangriff.

2.1 Ausfall durch technischen Defekt
Kommt es durch den Ausfall eines Servers durch technischen Defekt zu einem Schaden des Kunden, so stellt sich für diesen die Frage, ob – neben dem Recht auf Mietminderung   oder ggf. im Wiederholungsfalle Kündigung   – auch der entstandene Schaden vom Anbieter zu ersetzen ist. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist gemäß § 536a BGB, dass letzterer den Mangel der Mietsache, also hier die ausbleibende Verbindung mit dem Internet, zu vertreten hat, soweit der Mangel erst nach Vertragsschluss auftritt  .

Der Anbieter hat einen Mangel jedenfalls dann zu vertreten, wenn dieser erforderliche Maßnahmen zur Sicherung vor technischen Defekten bereits im Vorfeld unterlassen hat. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang also, welche Schutzpflichten dem Anbieter von Serverdienstleistungen obliegen.

Es gelten hier dieselben Anforderungen, wie beim regulären Mietvertrag über Wohnraum. Der Vermieter hat die Pflicht, dem Mieter die Mietsache so bereitzustellen, dass dieser in der Lage ist, die Mietsache in der üblichen oder vertraglich bestimmten Weise zu nutzen  . Hierzu gehört gleichfalls der Schutz gegen Störungen des Gebrauchs der gemieteten Sache durch eigenes Tun oder Unterlassen und sogar die zumutbare Abwehr von Störungen durch Dritte  .

Für den Anbieter von Serverdienstleistungen ergibt sich hieraus die Pflicht, alles Erforderlich zu unternehmen, damit der vertragsgegenständliche Server bestmöglich gegen technische Störungen geschützt ist. Hierzu zählt auch die unmittelbare Umgebung des Servers, wie beispielsweise eine ausreichende Stromversorgung, Brandsicherung, Stromausfallsicherung, Zugangssicherung, ein ICMP („Ping“)-Test in kurzen Zeitabständen sowie eine regelmäßige technische Wartung durch Diagnoseprogramme.

Soweit sich aus objektiver Sicht der jeweilige technische Entwicklungsstand zwischenzeitlich verändert hat, ist der Anbieter auch verpflichtet, alle finanziell zumutbaren Maßnahmen zur Verbesserung zu treffen. Auch die technische Infrastruktur hat der Anbieter stets auf dem neuesten Stand der Technik zu halten und möglichst zeitnah die erforderlichen Anpassungen an den technischen Fortschritt sowie ggf. rechtliche Änderungen und allgemein praktizierte Standardisierungen vorzunehmen.

Hieraus ergibt sich, dass auf Seiten des Anbieters ein Vertretenmüssen vorliegt, sobald obige Pflicht zur bestmöglichen technischen Vorsorge nicht erfüllt wurde.

2.2 Ausfall durch Virenbefall
Wird der Server von Computerviren befallen, so führt dies nicht selten zum totalen Zusammenbruch des Systems, so dass nur noch ein Neustart und Ablaufenlassen einer Anti-Viren-Software helfen. Häufig sind die gespeicherten Daten zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits beschädigt oder gar zerstört. In dieser Situation stellt sich die Frage, ob der Anbieter für diesen Datenverlust zur Verantwortung gezogen werden kann.

Auch hier wird regelmäßig  ein Mangel der Mietsache i.S.d. § 536 BGB vorliegen. Für das Bestehen von Schadensersatzansprüchen gegen den Anbieter ist darüber hinaus gemäß § 536a BGB jedoch wiederum ein Vertretenmüssen erforderlich, so dass dieser schuldhaft – also zumindest fahrlässig – seine Pflichten aus dem Serververtrag verletzt haben müsste. In Betracht käme hier eine Verletzung wegen Nichtverwendung einer aktualisierten Anti-Viren-Software.

Zumutbar dürfte insoweit eine regelmäßige Virenkontrolle auf gängige Computerviren sein  . Dagegen wird der Einsatz hochentwickelter Firewalls oder Anti-Viren-Programme nicht im vertraglich vereinbarten Umfang eines Serververtrages enthalten sein, so dass insoweit erhöhte Sicherungs- und Schutzmaßnahmen vom Anbieter nur gegen gesonderte Vergütung geschuldet werden.

2.3 Ausfall durch Hackerangriff
Ein ähnliches Problem, wie das beim Befall von Computerviren, stellt der Angriff von Hackern über das Internet dar. Finden diese erst einmal einen Weg durch einen offenen Port in das innere des Servers, so wird dieser schnell von fremder Hand gesteuert. Der Kunde hat nun keine Kontrolle mehr über seinen Server, so dass dieser wiederum neu gestartet, in aufwendiger Kleinarbeit die Passwörter geändert und die Ports geschlossen werden müssen. Hinzu kommt der Ausfall des Servers und damit der Website des Kunden, was wiederum regelmäßig zu einem wirtschaftlichen Schaden führt.

Hinsichtlich der Haftung des Anbieters gilt das bereits zuvor zum Virusbefall Gesagte. Möchte der Kunde sicher gehen, dass sein Server gegen Angriffe von außen geschützt ist, so hat er eine entsprechende – vergütungspflichtige – Zusatzvereinbarung mit dem Anbieter zu treffen, die den Einsatz besonderer Firewalls oder anderweitiger Schutzmechanismen regelt  . Allerdings ist dem Anbieter zuzumuten, die installierten Betriebssysteme regelmäßig mit den empfohlenen Patches und Updates zu versehen, um Lücken in der Software bestmöglich zu schließen.

Auch der Einsatz von Spezialprogrammen zur Überprüfung von Veränderungen von Daten oder Programmen auf dem Server ist anzuraten. Zum regulären Vertragsumfang bei Serververträgen dürfte weiterhin der Einsatz von Passwörtern gegen unbefugten Zugriff zum Server gehören. Kommt man ohne bestehende technische Hürden ungehindert und problemlos auf die gespeicherten Serverdaten, so liegt hierin eine schuldhafte Verletzung von vertraglichen Schutzpflichten und damit ein Rechtsgrund für Schadensersatzansprüche nach § 536a BGB.

Wichtig für den IT-Unternehmer:

Im Ergebnis führt die obige Untersuchung somit zu folgenden Ergebnissen:

1. Serverträger bestehen aus zwei Hauptpflichten, der Gewährung von Speicherplatz- bzw. Stellplatz sowie der Infrastrukturanbindung.

2. Sämtliche Pflichten aus Serververträgen sind nach hier vertretener Auffassung mietvertraglicher Natur.

3. Der Anbieter von Serververträgen hat die Verpflichtung zum Einsatz einer standardmäßigen Anti-Viren-Software und Verwendung von Zugangspasswörtern. Der Einsatz darüber hinausgehende Spezialsoftware zum Schutz gegen Angriffe von außen gehört dagegen nur gegen gesonderte Vergütung zu den Pflichten des Anbieters.

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