Die Beeinflussung von Kunden stellt sich für Unternehmen als wirkungsvolles Werkzeug dar, denn diese fördert seinen Absatz unmittelbar. Die Grenze des Zulässigen wird jedoch überschritten, wenn dem Kunden eine sachgerechte Entscheidung durch die Einflussnahme erschwert oder unmöglich gemacht wird. Verboten sind daher sowohl Irreführung des Kunden und Ausübung unmittelbaren oder mittelbaren Zwanges als auch die Ausnutzung menschlicher Vorzüge und Schwächen.
Irreführung des Kunden
Es gilt der Grundsatz der Wahrheit und Klarheit. Die Werbung des Unternehmens darf weder die Unwahrheit sagen noch durch missverständliche Äußerungen absichtlich einen Irrtum im Kunden hervorrufen.
BEISPIELE
- Wer mit der Aussage wirbt „Qualitätsmode unverschämt günstig dank eigener Produktion“, aber tatsächlich das gesamte Sortiment von anderen Produzenten bezieht, handelt wettbewerbswidrig.
- Es ist unzulässig, wenn sich ein Unternehmen hingegen der Tatsachen als „Nr.1“ einer Branche bezeichnet oder Preisnachlässe auf alles „ausser auf Werbewaren“ ankündigt (OLG Hamm, 4 U 143/06).
- Werbung für Produktnachahmungen, die eine Vergleichbarkeit der Plagiate mit den Originalen suggeriert, ist irreführend (OLG Hamburg, 5 U 211/06).
URTEILE
BGH zur Werbeaussage eines Fahrradhändlers „Direkt ab Werk! – garantierter Tiefpreis – kein Zwischenhandel!“, obwohl eigene Gewinnspanne mit einkalkuliert war (I ZR 96/02), OLG Hamm zur irreführenden Werbung mit Freiminuten (4 U 175/04), BGH zu irreführenden Preisangaben (BGH I ZR 142/02), OLG Hamm zur Werbung für Lampen aus „Alabasterglas“, wenn kein Alabasterglas beigefügt wurde (4 U 117/04), OLG Köln zu Preisangaben im Internet (6 U 93/04), LG Köln zur Eigenwerbung als „Nr. 1“ (33 O 107/05), BGH zur Werbung mit Stiftung-Warentest Urteil (I ZR 253/02) & OLG Hamburg zur Werbung mit Testergebnissen (3 U 240/06), OLG Hamburg zur Zeitschriftenbeilage von T-Online (3 U 173/04), BGH zu den Anforderungen an ein Kopplungsabgebot (I ZR 252/02), OLG Frankfurt a.M. zu Werbung mit 40jähriger Garantie (6 U 198/04), OLG Hamburg zur Werbeaussage: „Viel mehr als ein sicherer Internetzugang“ (3 U 209/04), LG Köln, OLG Köln und OLG Hamburg zur Aussage „Der beste Preis der Stadt“ (81 O 127/05, 6 U 106/05 und 5 U 204/05), BGH zu irreführender Werbung bei Arzneimitteln (I ZR 94/02), OLG Köln zur Bezeichnung als „Das Original“ (6 U 198/05), OLG Hamburg zur Preisbezeichnung als „Dauer-Tiefpreis“ (5 U 56/05), BGH zum „Krombacher-Regenwaldprojekt“ (I ZR 33/04 und I ZR 97/04), LG Düsseldorf zur Bewerbung einer Arztpraxis als „Klinik“ (12 O 366/04), OLG Köln zur Werbung mit einem Preis „ab 99 €“ (6 U 239/06), OLG Oldenburg zu „wer auf Erdgas umstellt, spart“ (1 U 106/0), OLG Düsseldorf zur Werbung mit „das Original“ (I-20 U 110/07), LG Hamburg zur Werbung mit „Versicherter Versand“ (315 O 888/07).
Dies gilt mithin auch für den Namen eines Unternehmens (BGH, 8 O 2/07 sowie I ZR 122/04) und für irreführende Werbung im Internet. Auch hier ist auf das Verständnis des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen, mit der Maßgabe, dass die besondere Situation des Internet-Nutzers zu beachten ist, der die benötigten Informationen meist selbst nachfragen muss.
URTEILE:BGH zu irreführender Werbung im Internet (I ZR 222/02), BGH zur Lieferzeitangabe bei Internet-Einkäufen (I ZR 314/02).
ACHTUNG: Nach Ansicht des LG Berlin ist auch eine Bezeichnung wie „Online-Beratung“ oder „Online-Vergleich“ irreführend, wenn sich hinter der Aussage lediglich der Austausch von E-Mails verbirgt (16 O 279/05).
Ausnahme: Eine Aussage, bei der es auf der Hand liegt, dass sie nicht den Tatsachen entspricht, kann aber widerum zulässig sein. Wer sich also beispielsweise als „PC-Doktor“ bezeichnet, verhält sich nicht wettbewerbswidrig, da es sich bei der Bezeichnung deutlich erkennbar nur um ein reines Wortspiel handelt und kein akademischer Titel vorgetäuscht wird.
URTEIL: OLG Jena zur Bezeichnung als „Lackdoktor“ (2 U 402/05).
Im Internet-Geschäft ist zudem zu beachten, dass schon durch die Verwendung einer bestimmten Domain der Tatbestand der Irreführung erfüllt sein kann.
URTEIL: LG Hamburg zu einer irreführenden Domain (312 O 539/05).
Irreführung ist möglich mittels unwahrer Angaben über Beschaffenheit, Ursprung (Identität), Herstellungsart, Preisbemessung, Art des Warenbezugs oder die Bezugsquellen, Besitz von Auszeichnungen, Anlass oder Zweck des Verkaufs und Menge der Vorräte sowie missverständliche Werbung mit Selbstverständlichkeiten, mehrdeutigen Aussagen, Blickfangwerbung, getarnte Werbung sowie Täuschung bei Werbeveranstaltung.
Beispiel 1: Wer in einer Anzeige für Produkte wirbt, muss diese grundsätzlich auch für zwei Tage ab Erscheinungsdatum der Anzeige vorrätig haben (§ 5 V UWG).
Ausnahme: Hersteller-Werbung (BGH, I ZR 120/04).
Beispiel 2: Kontoauszüge müssen so gestaltet sein, dass der Kontoinhaber den verfügbaren Soll-Betrag ohne Weiteres ersehen kann.
URTEILE: OLG Oldenburg zur Vorrätigkeit von beworbenen Waren (1 U 121/05), OLG Karlsruhe zu „Sparkasse Bodensee“ (4 U 32/04), BGH zu irreführenden Kontoauszügen (I ZR 87/04).
Seit in Kraft treten der Bundespreisangabenverordnung von 2003 ist der Verkäufer zudem gesetzlich verpflichtet, bei Fernabsatzverträgen den Kunden über die enthaltene Umsatzsteuer sowie die anfallenden Versandkosten und deren Höhe aufzuklären.
Darüber hinaus können auch unzureichende oder unklare Preisangaben den Tatbestand der Irreführung erfüllen. Mehr zu dem Thema „Informatiosnpflichten“ finden sie hier. Eine Preisempfehlung ohne das Adjektiv „unverbindlich“ ist allerdings zulässig und nicht irreführend (I ZR 271/03).
Keine Irreführung liegt zudem vor, wenn ein Unternehmer Ware im Geschäft mit einem anderen Preis ausgezeichnet hat, als in einer Werbeanzeige. Entscheidend sei, dass der beworbene Preis letztendlich an der Kasse verlangt werde.
URTEIL: OLG Koblenz zu falschen Preisangaben im Geschäft (4 U 1113/05).
Besondere Bestimmungen für Lebensmittel- und Süßwarenhersteller Das Europäische Parlamanet verabschiedete am 16.5.2006 eine Verordnung zu „nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel“. Demnach sollen die Werbeaussagen auf Verpackungen in ihrer Freiheit deutlich eingeschränkt werden. Lesen sie hierzu die IT-Rechtsinfo News vom 19.05.2006 („EU erweitert den Begriff der irreführenden Werbung“).
Haftung des Presseunternehmens In Bezug auf irreführende Werbung stellt sich nicht nur die Frage nach der Haftung des Werbenden. Auch das für die Veröffentlichung verantwortliche Presseunternehmen kann unter Umständen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. In einer einschlägigen Entscheidung des BGH wurde die Haftung für wettbewerbswidrige Anzeigen der Presseunternehmen allerdings beschränkt. Die tägliche Arbeit soll demnach nicht über Gebühr erschwert und die Verantwortlichen nicht überfordert werden. Es bestehen somit keine umfassenden Prüfungspflichten für die zuständigen Redakteure.
URTEILE: BGH zur Haftung des Presseunternehmens für Anzeigen (I ZR 284/00), BGH zur Haftung des Presseunternehmens für irreführende Werbung (I ZR 121/03).
Vergleichende Werbung
Vergleichende Werbung ist insoweit zulässig, dass auch hier keine Irreführung vorliegt. Der Europäische Gerichtshof hat diesbezüglich drei Grundsätze aufgestellt, anhand derer sich eine Irreführung vergleichender Werbung festmachen lässt (Urteil vom 19.09.2006, C-356/04).
Eine vergleichende Werbung kann demnach irreführend sein, wenn die Werbeaussage
- nicht deutlich macht, dass sich der Vergleich nur auf eine bestimmte Musterauswahl und nicht auf alle Produkte des Werbenden bezogen hat,
- die Bestandteile des vorgenommenen Vergleichs nicht erkennbar macht oder dem Adressaten keine Informationsquelle nennt, über die eine solche Erkennbarkeit hergestellt werden kann oder
- einen umfassenden Hinweis auf eine Ersparnisspanne enthält, ohne dass der Werbende das allgemeine Preis-Niveau und die Höhe der Ersparnis individualisiert.
Der Bundesgerichtshof folgerte aber auch aus dem Urteil des EuGH, dass vergleichende Werbung nicht schon deshalb unzulässig ist, weil die angesprochenen Verkehrskreise die in dem Werbevergleich angeführten Eigenschaften nicht selbst überprüfen können. Ausreichend sei nach Ansicht der Richter bereits, dass die Aussage durch einen Sachverständigen überprüft werden kann (BGH I ZR 166/03).