Dienstleistungsmarken im Einzelhandel

Der Europäische Gerichtshof hat im Jahr 2005 die Regeln der Markenanmeldung neu definiert. Neu hinzugekommen ist nun für den Bereich Einzelhandel die Möglichkeit, neben herkömmlichen Warenmarken auch Dienstleistungsmarken...

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Der Europäische Gerichtshof hat im Jahr 2005 die Regeln der Markenanmeldung neu definiert. Neu hinzugekommen ist nun für den Bereich Einzelhandel die Möglichkeit, neben herkömmlichen Warenmarken auch Dienstleistungsmarken anzumelden. IT-Unternehmen sollten jetzt überlegen, diese Rechtslage durch Anmeldung einer solchen Marke zu nutzen.

Rechtslage vor 2005

Bislang wurden vom Einzelhandel lediglich die Warenbezeichnungen selbst (z.B. „E-Klasse“) beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet. Auf diese Art und Weise war der Produktname geschützt und konnte von Konkurrenten (etwa BMW) für die betreffende Markenklasse (etwa Klasse 12 Fahrzeuge) nicht mehr verwendet werden. Der Handel mit Fahrzeugen selbst – als bestimmte Dienstleistung – konnte jedoch nicht angemeldet werden, obwohl er einen ausschlaggebenden Teil der Tätigkeit des Einzelhändlers ausmacht. Diese ablehnende Haltung des Markenamtes wurde bislang begründet mit dem Hinweis, dass der Begriff „Einzelhandel“ keine eigenen Dienstleistungen bezeichne, sondern lediglich den Vertrieb von Waren als solchen.

Das EuGH-Urteil

Mit Datum vom 7. Juli 2005 entschied der Europäische Gerichtshof nun zum Aktenzeichen C-417/02 in der Sache „Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG“, dass auch der Einzelhandel mit Waren selbst zur Marke (hier Dienstleistungsmarke) angemeldet werden könne. Insoweit sei auch der Begriff „Einzelhandel“ als Dienstleistung zu bewerten, da der Handel neben dem Verkauf als solchem auch die gesamte Tätigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers zur Anregung des Verbrauchers zum Kauf entfaltet. Nach diesem Urteil ist es zukünftig möglich, seine Geschäftsbezeichnung (etwa „Praktiker“) auch als Dienstleistungsmarke – etwa für das „Zusammenstellen verschiedener Waren, um dem Verbraucher Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern“ – anzumelden.

Neue Perspektiven

Unternehmen des Einzelhandels haben von nun an die Möglichkeit, Ihre Geschäftsbezeichnung als Dienstleistungsmarke anzumelden. Während der Markenschutz bislang lediglich auf den Bereich der angebotenen Waren beschränkt war, eröffnet sich nun die Chance, den Einzelhandel an sich mit der Geschäftsbezeichnung zu belegen.

In der Vergangenheit war also beispielsweise die Praktiker AG aufgrund der angebotenen Waren (Bau- und Heimwerkerartikel) in ihrer Marke eingeschränkt. Nun besteht die Möglichkeit eines Markenschutzes für den Einzelhandel an sich, also ohne Reduzierung auf bestimmte Waren. Hierdurch ist quasi auch der Bereich Fahrzeuge (Klasse 12) geschützt, so dass Fahrzeuge unter der Bezeichnung „Praktiker“ in der BRD nicht angeboten werden dürfen. Es findet also eine Ausdehnung auf alle Warenklassen statt.

Allerdings machte der EuGH in seiner Entscheidung ebenfalls deutlich, dass auch Anmelder von Dienstleistungsmarken im Einzelhandel die Waren oder Arten von Waren in der Anmeldung benennen müssen, um Kollisionen zu vermeiden. Es bleibt hier abzuwarten, ob eine ausreichende Distanzierung durch diesen Zusatz gewährleistet werden kann.

BGH-Urteil vom 21.07.2005

Interessant für den IT-Unternehmer dürfte in diesem Zusammenhang auch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 21. Juli 2005 zum Aktenzeichen I ZR 293/02 in der Sache „Otto“ sein. Hier wurde erstmalig festgestellt, dass Versandhandelsunternehmen ihre Warenmarken (also hier „Otto“ für z.B. Kleidungsstücke, Stereoanlagen etc.) durch den Verkauf und die Versendung tatsächlich nicht benutzen, so dass Konkurrenten diese Warenmarken nach der Benutzungsschonfrist von 5 Jahren löschen lassen können.

TIP: Für Versandhandelsunternehmen mit eigener Marke heißt dies: Unverzüglich das Markenregister reduzieren, bevor der Konkurrent eine kostenintensive Löschungsklage erhebt!

Fazit

Das Markenrecht befindet sich im ständigen Wandel. Unternehmer sollten sich ständig über die jeweiligen Änderungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung auf dem Laufenden halten (etwa bei www.IT-Rechtsinfo.de).
Das neue Urteil des EuGH bietet jedoch zusätzliche Chancen auf Erhöhung des eigenen Markenschutzes ohne nennenswerte Zusatzkosten, so dass die EUR 300,00 für eine Dienstleistungsmarke durchaus als lohnenswerte Investition anzusehen sind.

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