Erneute Änderung der Widerrufsbelehrung

In der letzen Woche hat der Bundestag eine erneute Reform des Widerrufsrechts im Fernabsatz verabschiedet. Obwohl die letzte Reform erst am 11.06.2010 in Kraft trat, erscheint eine erneute...

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In der letzen Woche hat der Bundestag eine erneute Reform des Widerrufsrechts im Fernabsatz verabschiedet. Obwohl die letzte Reform erst am 11.06.2010 in Kraft trat, erscheint eine erneute Reformierung des Widerrufsrechts notwendig, da es sich hier um die Umsetzung und Berücksichtigung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs handelt, welches im September 2009 von diesem ausgesprochen wurde und die Unvereinbarkeit des nationalen Widerrufsrecht mit der EU-Richtlinie feststellte.

In dem Urteil ging es um die Frage, ob das generelle Recht eines Unternehmers  bestehe, gegenüber einen Verbraucher, der eine Ware im Fernabsatz erworben, genutzt und fristgerecht widerrufen hat, einen Wertersatz für die Nutzung zu verlangen. Der Europäische Gerichtshof verneinte diese Möglichkeit, was im nationalen Recht jedoch vorgesehen war. Daher bedarf die gesetzliche Regelung nun einer Änderung. Diese wurde nun vom Bundestag verabschiedet und muss zum Wirksamwerden nur noch verkündet und ausgefertigt werden. Dies ist in den nächsten Woche zu erwarten. Sobald das Gesetz nach der Ausfertigung in Kraft tritt, wird den Online-Händlern eine Übergangsfrist von drei Monaten eingeräumt, um die Änderungen anzunehmen und umzusetzen.
Im Detail ergeben sich aus dem neuen Gesetz die folgenden Regelungen:
I. Die Musterwiderrufsbelehrung erhält einen neuen Inhalt
Die Widerrufsbelehrung wird teilweise neu formuliert. Dies hat für alle Online-Anbieter von Waren und Dienstleistungen zur Folge, dass die alten Mustertexte vollständig durch die neuen ersetzt werden müssen.
II. Die Neuregelung über den Wertersatz im Wesentlichen
Im BGB wird ein neuer § für die Regelung des Wertersatzes im Fernabsatz eingefügt.
„§ 312e BGB: Wertersatz bei Fernabsatzverträgen
(1) Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für Nutzungen nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,
1. soweit er die Ware in einer Art und Weise genutzt hat, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, und
2. wenn er zuvor vom Unternehmer auf diese Rechtsfolge hingewiesen und entsprechend § 360 Absatz 1 oder 2 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt worden ist oder von beidem anderweitig Kenntnis erlangt hat.
§ 347 Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden.
(2) Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen hat der Verbraucher abweichend von § 357 Absatz 1 Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten,
1. wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und
2. wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt.Nach dem neuen § kann der Unternehmer nur noch dann Wertersatz vom Kunden verlangen, wenn dieser die Ware über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinaus nutzt und der eine Belehrung über die Nutzung und den Wertersatz stattgefunden hat.

Damit stellt sich hier die Frage wann von solch einer Nutzung die Rede sein kann. Der Gesetzgeber äußert sich in der Gesetzesbegründung dazu und gibt vor, dass die Beweislast dafür, dass die Nutzung im Einzelfall über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware hinausgeht, beim Unternehmer liegt.
Inwiefern eine Prüfung der Funktionsweise oder der Eigenschaften der Ware vorliegt oder die Nutzung darüberhinaus geht, soll sich daran orientieren, was ein Verbraucher beim Testen uns Ausprobieren der gleichen Sache in einem Ladengeschäft typischerweise hätte tun können und dürfen. Dabei kommt es darauf an, dass der Verbraucher die Möglichkeit hat die Ware eingehend auf ihre Eigenschaften und Funktionsweise zu untersuchen.
Sofern hierfür die Ingebrauchnahme einer Sache erforderlich ist, soll diese vom Prüfungsrecht erfasst sein, ohne dass der Kunde sich dadurch Wertersatzpflichtig macht. Selbst dann nicht, wenn die Ware durch die Ingebrauchnahme einen vollständigen Wertverlust erleidet. Vor allem soll das Prüfungsrecht die Tatsache ausgleichen, dass eine Prüfung von Waren, die im Fernabsatz erworben wurden, nicht wie im stationären Handel durch die üblichen Beratungs-, Vergleichs- und Vorführmöglichkeiten vor Ort ohne weiteres durchzuführen ist.
 Nicht umfasst ist jedoch die intensive, nicht zur Prüfung notwendige Nutzung. So darf etwa eine Fotokamera nicht in den Urlaub mitgenommen werden. Ein Kleidungsstück sollte der Verbraucher nur anprobieren, jedoch nicht über eine längere Zeit tragen dürfen. Regelmäßig zulässig dürfte es jedoch sein, wenn der Verbraucher das Kleidungsstück innerhalb der Widerrufsfrist zu Hause mehrfach anprobiert.
Wenn es sich bei den Waren um solche handelt, die durch Ingebrauchnahme oder durch das Öffnen der Verpackung auch nicht im Ladengeschäft geprüft werden dürfen, bzw. können, so soll dies auch für den Fernabsatz gelten. Dies bezieht sich vor allem auf Hygieneartikel oder verschweißte Medikamente. Sofern der Kunde die Ware allerdings nur im Besitz hat und diese dann im Rahmen seines Widerrufsrechts wieder zurückgibt, darf der Unternehmer keinesfalls Wertersatz hierfür verlangen. Die Inbesitznahme ist das mindeste, was dem Kunden zustehen muss, um die Eigenschaften und Funktionsweisen der Ware zu prüfen.

Links:Gesetzesentwurf auf Bundestag.de

Wichtig für den IT-Unternehmer:

Sicherlich ist das Ärgernis über die Ständigen Veränderungen im Fernabsatzrecht groß, allerdings ist es dennoch enorm wichtig, die Neuregelungen in der dafür vorgesehenen Übergangsregelung zu implementieren. Falsche Widerrufsbelehrungen bieten eine große Fläche für Abmahnungen durch Wettbewerber und ggf. Bußgeldverfahren.

Die Tatsache, dass der Wertersatzanspruch bei reiner Prüfung der Ware nun wegfällt, könnte vielen Unternehmern und Händlern einen ernstzunehmenden wirtschaftlichen Schaden zufügen. Zudem ist zu erwarten, dass die nächste Neuregelung des Widerrufsrechts im Fernabsatz in naher Zukunft folgen wird.

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