Mahnung
Die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens steht und fällt mit der Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden. Gerade im Bereich der Zwischenfinanzierung sind überfällige Forderungen nicht selten der Hauptgrund für das Stellen eines Insolvenzantrages. Es ist daher für Unternehmen wichtig, rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen, um für den Fall der Zahlungsverweigerung optimal gewappnet zu sein. Der vorliegende Beitrag erläutert die wichtigsten Schritte bei der außergerichtlichen Vorgehensweise gegen säumige Kunden, so dass Sie als Gläubiger für das nachfolgende Gerichtsverfahren gewappnet sind.
I. Vertragsgestaltung
Bereits bei Abschluss des Vertrages können die Weichen im Hinblick auf mögliche Zahlungsausfälle optimal gestellt werden.
So sollte in jedem Vertrag oder jeder Auftragsbestätigung festgelegt werden, in welchem Zeitpunkt die Fälligkeit des Kaufpreiszahlungsanspruchs eintritt. Bestenfalls ist der Fälligkeitszeitpunkt auf ein bestimmtes Datum zu legen („Der Kaufpreis ist fällig am 12. November 2004…“). Ist dies nicht möglich – etwa bei Nutzung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen -, so sollte der Zeitpunkt der Fälligkeit mit dem Auslieferungstag verknüpft werden („Der Kaufpreis ist eine Woche nach Auslieferung der Ware zur Zahlung fällig.“). Achtung: Die Nennung eines Zahlungsziels auf der – später übersandten – Rechnung ist einseitig dominiert, nicht Vertragsbestandteil und damit ohne Wirkung!
Auch die Höhe der Verzugszinsen sollte vertraglich festgelegt werden, damit der tatsächlich entstandene Schaden vom Schuldner ausreichend ersetzt wird („Der Kunde schuldet dem Unternehmen für die Dauer des Verzuges Verzugszinsen in Höhe von 15 Prozent“). Diese Regelung ist jedoch ausschließlich gegenüber Unternehmen zulässig (B2B), da ansonsten die gesetzliche Regelung des § 288 BGB greift, wonach Verzugszinsen von 5% über dem jeweiligen Basiszins gelten.
Soweit sich der Unternehmer bei Verträgen größerem Umfangs gegenüber dem Kunden in einer überragenden Position befindet und einzelne Klauseln in Vertragsverhandlungen vorgeben kann, sollte zudem von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, den Kunden der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen („Wegen der in der Urkunde eingegangenen Zahlungsverpflichtung unterwirft sich der Kunde der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen mit der Maßgabe, dass Vollstreckungsklausel ohne Nachweis und Behauptung der die Fälligkeit begründenden Tatsachen erteilt werden kann“). Die Unterwerfungserklärung ist allerdings notariell zu beurkunden, was in der Praxis regelmäßig zu einer Abstandnahme führt. Der Vorteil liegt jedoch auf der Hand: Statt monatelang die eigene Forderung vor den Gerichten einzuklagen, erhält man unverzüglich einen Titel mit der Möglichkeit, das Konto des säumigen Kunden zu sperren.
Wichtig für die Vertragsgestaltung ist zudem die Vereinbarung einer Gerichtsstands- und Erfüllungsortklausel („Erfüllungsort für Lieferung und Zahlung sowie Gerichtsstand ist der Sitz des Verkäufers“). Auf diese Weise umgeht man die leidige Klageerhebung am Sitz des Kunden, was mit erheblichem Aufwand und hohen Kosten verbunden ist. Allerdings ist diese Klausel nur gegenüber Unternehmen zulässig (B2B). In Verträgen mit Verbrauchern kann ein deutscher Gerichtsstand nur für den Fall vereinbart werden, dass der Kunde zwischenzeitlich seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt hat (§ 38 ZPO).
Bei Dauerschuldverhältnissen wie Darlehensverträgen oder Ratenzahlungsvereinbarungen ist es sinnvoll, eine sog. Verfallklausel in den Vertrag aufzunehmen („Kommt der Kunde mit Zahlung einer Rate zwei Wochen in Rückstand, so wird der gesamte noch offene Restbetrag zur Zahlung fällig“). Hierdurch wird der Kunde zudem angehalten, die eingegangene Zahlungsverpflichtung einzuhalten.
Soweit für das außergerichtliche Mahnverfahren ein Inkassobüro beauftragt wird, sollte bereits in den Kaufvertrag eine Inkassokostenklausel aufgenommen werden („Wird bei Zahlungsverzug des Kunden ein Inkassobüro mit der Forderungseinziehung beauftragt, so hat der Kunde die aus dieser Beauftragung entstehenden Kosten mit Ausnahme eines ggf. vereinbarten Erfolgshonorars zu tragen“). Hierdurch erübrigt sich ein Streit vor Gericht über die Angemessenheit des geltend gemachten Verzugsschadens.
Damit die eigenen Mahnkosten erstattet werden, sollte schließlich eine Mahnkostenklausel in den Vertrag einbezogen werden („Für jede Mahnung wird eine pauschale Gebühr von EUR 5,00 erhoben“).
II. Verzugseintritt
Der Verzug ist Voraussetzung für Erstattungsansprüche gegen den Kunden infolge von Zinsnachteilen, Mahnkosten oder Inkassobüro- und Rechtsanwaltskosten. Um eigene Kosten zu vermeiden, sollte der Verzug daher rechtzeitig herbeigeführt werden.
Gemäß § 286 BGB tritt der Verzug automatisch 30 Tage nach Zugang der Rechnung ein. Bei B2C-Geschäften gilt dies jedoch erst dann, wenn der Verbraucher hierüber zuvor – z.B. in der Rechnung – informiert wurde („Bitte beachten Sie, dass der Zahlungsverzug automatisch und ohne Mahnung eintritt, wenn nach 30 Tagen von heute an gerechnet keine Zahlung erfolgt. Die gesetzlichen Verzugszinsen betragen ab Verzugseinritt 6,13% jährlich“).
Auch vor Ablauf der 30 Tage kann der Kunde per Mahnung in Verzug gesetzt werden. Eine solche Mahnung ist jedoch entbehrlich (§ 286 II BGB), falls ein fester Zahlungstermin vereinbart wurde, sich der Zahlungstermin aus einer Kündigung ergibt, der Zahlungstermin mit Ablauf einer festen Zeit nach einem bestimmten Ereignis vereinbart wurde, eine ernsthafte oder endgültige Zahlungsverweigerung vorliegt oder ausnahmsweise eine Interessenabwägung zur Entbehrlichkeit der Mahnung führt.
III. Mahnung
Zahlt der Kunde selbst nach Ablauf von 30 Tagen nach Rechnungszustellung nicht, so sollte zeitnah eine erste Mahnung folgen. Hierbei ist jedoch von einer Durchnummerierung („1. Mahnung“) abzusehen, da der Kunde dies als Aufforderung sehen könnte, auf die nachfolgenden Mahnungen („zweite“, „dritte“, „letzte“) zu warten. Wichtig zu wissen ist allerdings, dass die Mahnung selbst die dreijährige Verjährungsfrist (Achtung: Bei Gewährleistungsansprüchen nur 2 Jahre) nicht unterbricht. Hierfür ist vielmehr ein Anerkenntnis des Schuldners oder die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens erforderlich.
Um den Zugang der Mahnung zu beweisen, sollte der Unternehmer Nachweise präsentieren können. Hierfür empfiehlt sich bei hohen Forderungen die Verwendung von Einschreiben. Auch die Zustellung durch Gerichtsvollzieher ist möglich. Die Versendung der Mahnung per Telefax birgt zwar das Risiko, dass die Sendebestätigung als Nachweis nicht anerkannt wird (so einige Entscheidungen des BGH). Jedoch geht die Tendenz dorthin, dass der Sendebericht zumindest den Anschein eines Zugangs begründet, so dass der Kunde in die Begründungspflicht gerät.
IV. Strafrechtliche Vorgehensweise
In Einzelfällen kommt es vor, dass der Kunde bereits bei Bestellung die Absicht hatte, den Kaufpreis für die Ware nicht zu bezahlen. Insoweit täuscht der Kunde bei Vertragsschluss über seiner Zahlungswilligkeit. Diese Vorgehensweise erfüllt den Tatbestand des Eingehungsbetruges (§ 263 StGB) und ist daher strafbar. Soweit also nach Mahnung im Nachhinein Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kunde bereits von Vornherein nicht zur Kaufpreiszahlung willig war, so sollte der Unternehmer auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Hilfe nehmen, um über den Kunden weitere Informationen zu erhalten. Diese Informationen sind im nachfolgenden Zivilprozess möglicherweise von besonderer Bedeutung.
Die Strafanzeige kann bei jeder Polizeidienststelle unter Angabe des gesamten Sachverhaltes sowie Übergabe der schriftlichen Dokumente erfolgen. Es ist jedoch ratsam, die Strafanzeige durch einen Anwalt formulieren zu lassen, damit die Staatsanwaltschaft bereit frühzeitig auf die rechtlich relevanten Umstände hingewiesen wird.
Wichtig für den Unternehmer:
Dem Unternehmen stehen weitläufige – teilweise noch wenig bekannte – Mittel zur Verfügung, etwaige Fallstricke bei der Eintreibung von Forderungen, insbesondere durch Mahnung, erfolgreich zu umgehen. Hierbei ist bereits bei der Vertragsgestaltung anzusetzen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Anhaltspunkte für eine Zahlungsverweigerung des Kunden bestehen.