Predictive Maintenance und Recht – Am Beispiel der Logistik

Predictive Maintenance

Lesen Sie hier, welche Auswirkungen die vorausschauende Wartung in der Logistikbranche haben kann. In der Logistikbranche hat die Zukunft aus technischer Sicht bereits begonnen. Moderne IT-Systeme kommunizieren bereits...

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Lesen Sie hier, welche Auswirkungen die vorausschauende Wartung in der Logistikbranche haben kann.

In der Logistikbranche hat die Zukunft aus technischer Sicht bereits begonnen. Moderne IT-Systeme kommunizieren bereits über das Internet miteinander und tauschen elektronische Daten miteinander aus, wodurch in Echtzeit Statusmeldungen (etwa zu Standort des Fahrzeuges, Zustand der Fracht oder Auslastung der Lagerflächen) generiert werden. Einen Schritt weiter geht das Thema Predictive Analytics, also der Vorhersage zukünftiger Ereignisse auf Grundlage der gesammelten Daten. Im Logistikbereich ist es hiermit etwa möglich, die komplette Fahrzeugtechnik per Sensoren zu überwachen, um Störungen und Ausfälle auf ein Minimum zu reduzieren (Predictive Maintenance, also vorausschauende Wartung). Die Umsetzung dieser „vorhersehenden Wartung“ eröffnet jedoch umfangreiche, rechtliche Hürden. Dieser Artikel gibt sowohl einen Überblick zu den technischen Möglichkeiten von Predictive Maintenance, als auch zu den rechtlichen Hürden.

Anwendungsbereiche von Predictive Maintenance

Vorrangiges Ziel von Predictive Maintenance in der Logistikbranche ist Reduzierung von (erheblichen) Wartungskosten durch Fahrzeugausfälle. Erreicht wird dieses Ziel durch permanente Erfassung und Analyse der verfügbaren Technikdaten mit speziellen Sensoren. Kommt es beispielsweise zu einem Motorschaden, so werden die zuvor gespeicherten Technikdaten automatisch analysiert und in einem Schadensprofil zusammengefasst. Diese Schadensprofile werden dann zur Vorhersage und Vermeidung vergleichbarer Schadenssituationen herangezogen. Ermittelt ein Predictive-Maintenance-System also unter Analyse der gespeicherten Daten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen bevorstehenden Schaden, so wird das Logistikunternehmen rechtzeitig gewarnt und kann via Internet dem betreffenden Fahrer automatisch die Anweisung erteilen, die nächste Werkstatt aufzusuchen. Ein wirksames Predictive-Maintenance-System erfordert unter Einsatz hochentwickelter Hardware- und Softwaretechnologie eine komplexe Echtzeitanalyse aktueller Sensorik-Daten und einen Abgleich mit bekannten Schadensprofilen. Als Belohnung können hierdurch jedoch feste Wartungspläne sowie zeitintensive Prozessüberwachung wegfallen und gleichzeitig technische Belastungsgrenzen gezielt ausgereizt werden. Dies führt zu einer weiteren Kosteneinsparung durch eine möglichst effektive Materialnutzung.

Rechtsfragen bei Predictive-Maintenance

Neben den technischen Voraussetzungen zur Umsetzung von Predictive-Maintenance in der Logistik 4.0 müssen auch juristischen Hürden berücksichtigt werden. Betroffen sein können insbesondere Fragen zum a.) Datenschutz, b.) Arbeitsrecht und c.) zum Eigentum an den erfassten Daten sowie der daraus entstandenen Datenbanken.

Datenanalyse erfordert einen angemessenen Datenschutz

Wo eine Vielzahl unterschiedlicher Daten zusammengeführt werden, kann meist schnell eine Verknüpfung und Individualisierung einzelner Personen möglich sein. Kann ein Logistikunternehmen im Rahmen von Predictive Maintenance durch die Verknüpfung der analysierten Daten einen bestimmten LKW-Fahrer identifizieren, so ist der Anwendungsbereich des Datenschutzrechts eröffnet. In diesem Fall wird ein datenschutzrechtlicher Erlaubnistatbestand benötigt, um solche personenbezogenen Daten übermitteln oder verarbeiten zu können. Besteht keine datenschutzrechtliche Rechtfertigung, kommt alternativ eine Anonymisierung in Betracht, um Predictive Maintenance rechtskonform einsetzen zu können.

Überwachung von Mitarbeitern

Neben dem Datenschutz spielt bei Überwachungsmöglichkeit von Mitarbeitern auch das Arbeitsrecht eine entscheidende Rolle. So gibt das Betriebsverfassungsrecht etwa vor, dass bei Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen zur Verhaltens- oder Leistungskontrolle zwingend der bestehende Betriebsrat einzubinden ist. Mit diesem ist zum rechtskonformen Einsatz von Predictive Maintenance (soweit die Daten nicht anonymisiert werden) der Abschluss einer Betriebsvereinbarung anzuraten, was die Einwilligung jedes einzelnen Mitarbeiters entbehrlich macht.

Eigentum an den erhobenen Daten

Effektive Predictive-Maintenance-Systeme erfordern eine möglichst große Menge an Dateninformationen (Big Data). Selbst große Logistikunternehmen werden nicht in der Lage sein, in ausreichendem Umfang eigene Daten zu erheben, um ein wirklich zuverlässiges Predictive Maintenance System zu generieren. Zudem müssen zumeist die technischen Daten des Fahrzeugherstellers Berücksichtigung finden. Es wird daher zur Zusammenführung verschiedener Datenbestände kommen. Regelmäßig stellt sich hier die Frage, wer Eigentümer oder Berechtigter der selbst oder fremd erhobenen Daten ist. Das deutsche Recht kennt zunächst einmal kein Eigentum an Daten, da nur an gegenständlichen Sachen Eigentum bestehen kann. Eine eigentumsähnliche Stellung wird vielmehr erst bei Herstellung einer werthaltigen Datenbank anzunehmen sein, welche durch das Urheberrecht konkret geschützt wird. Kommt es jedoch durch Verknüpfung unterschiedlicher Datenbestände zu einer Vermengung von Daten, so besteht die Gefahr einer gerichtlichen Stillegung der gesamten Datenbank, soweit ein Dritter hier die unbefugte Nutzung behauptet. Dies hätte im Worst-Case-Szenario auch erhebliche, negative Auswirkungen auf die gesamte Nutzung der betriebseigenen IT-Systeme. Insoweit kommt der Frage zur Eigentumsberechtigung im Zweifelsfall eine existenzrelevante Bedeutung zu, welche vor Implementierung eines Predictive-Maintenance-Systems zu klären ist.

Fazit

Die Logistikbranche wird in Zukunft nicht mehr ohne die vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) auskommen. Zu groß ist das Prozessoptimierungs- und Kosteneinsparungspotential. Vor Imlementierung sind jedoch wesentliche Rechtsfragen zum Datenschutz-, Arbeits- und Urheberrecht zu klären, um eine spätere gerichtliche Stillegung der gesamten IT-System zu vermeiden. Schlüsselelemente sind hier einerseits Anonymisierung der personenbezogenen Daten bzw. Einholung der Einwilligung von Mitarbeitern sowie andererseits die Eigentumsfrage zu den erhobenen Daten. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit den IT-Dienstleistern sollte zudem eindeutig geklärt werden, wer im Falle technischer und rechtlicher Probleme die Haftung trägt (IT-Vertragsrecht).

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