Unternehmensnachfolge

Deutschlandweit stehen jährlich über 70 000 kleine und mittlere Unternehmen zur Unternehmensnachfolge an. Der Unternehmenskauf stellt sich jedoch als äußerst komplizierter Sachverhalt dar, welcher eine Vielzahl rechtlicher Fragestellungen...

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Deutschlandweit stehen jährlich über 70 000 kleine und mittlere Unternehmen zur Unternehmensnachfolge an. Der Unternehmenskauf stellt sich jedoch als äußerst komplizierter Sachverhalt dar, welcher eine Vielzahl rechtlicher Fragestellungen aufweist.

Ablauf des Unternehmenskaufs

Der Unternehmenskauf vollzieht sich regelmäßig in fünf Schritten. Sind sich die Parteien einig, dass die Firma der Qualifikation nach vom Käufer fortgeführt werden könnte, so kommt es regelmäßig zum Abschluss einer sog. Absichtserklärung (Letter of Intent), in der beide Parteien die Absicht erklären, dass Verhandlungen über den Verkauf des Unternehmens geführt werden sollen. Eine Verpflichtung entsteht mit dieser Absichtserklärung jedoch nicht. Im Anschluss wird der Käufer darauf bestehen, das Unternehmen in rechtlicher, wirtschaftlicher und technischer Hinsicht zu überprüfen. Diese Überprüfung (sog. Due Diligence) wird regelmäßig von Wirtschafsprüfern und Rechtsanwälten durchgeführt. Anhand der Ergebnisse der Due Diligence ist es für die Wirtschaftsprüfer nun möglich, den tatsächlichen Wert des Unternehmens zu bewerten. Bei der Unternehmensbewertung wird zwischen diversen Verfahren unterschieden, welche sich entweder auf den Umsatz (Ertragswert), die Substanz (Substanzwert) oder die künftige Finanzstruktur (Cashflow) beziehen. Steht der tatsächliche Wert des Unternehmens fest, so finden erste konkrete Verhandlungen der Parteien über die grundsätzlichen Vertragsmodalitäten statt. Sind die Parteien sich nun darüber einig, dass ein Kaufvertrag geschlossen werden soll, obwohl noch einzelne Punkte des endgültigen Vertrages unklar sind, so wird nicht selten ein Vorvertrag geschlossen, welcher bereits zum Abschluss des Hauptvertrages verpflichtet. Stehen nach weiteren Vertragsverhandlungen die Bedingungen des Unternehmenskaufes fest, so erfolgt schließlich der endgültige – regelmäßig notarielle – Kaufvertrag mit Übergang von Rechten und Pflichten. Mit der notariellen Beurkundung, Eintragung im Handelsregister und Zahlung des Kaufpreises ist der Unternehmenskauf vollzogen.

Due Diligence

Beim Unternehmenskauf besitzt der Verkäufer stets einen Wissensvorsprung, da nur ihm die vollständigen Informationen des Unternehmens vorliegen. Um diesen Zustand der unvollkommenen Informationen zu beseitigen, wird der Käufer stets einen Wirtschaftsprüfer mit der Durchführung einer Unternehmensprüfung (Due Diligence) beauftragen. Anhand der Ergebnisse diese Überprüfung (sog. Due Diligence-Memorandum) ist es dem Käufer möglich, a.) Mängel an Kaufgegenständen (Gewährleistungsfunktion), b.) mögliche Risiken (Risikoermittlungsfunktion) und c.) den angemessenen Kaufpreis (Wertermittlungsfunktion) zu ermitteln sowie d.) im Falle späterer Streitigkeiten den Istzustand bei Vertragsschluss nachzuweisen (Beweissicherungsfunktion).

TIP: Obwohl einige Käufer aus Kostengründen auf die Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers verzichten und sich stattdessen auf das Studieren der Bilanzen durch den Steuerberater verlassen, sollte dieser Teil des Unternehmenskaufes auf keinen Fall ausgelassen werden.

Unternehmensbewertung

Bei der Unternehmensbewertung finden regelmäßig kontroverse Diskussionen zwischen Verkäufer und Käufer statt. Der Verkäufer setzt hier maßgeblich seinen subjektiv-bezogenen Unternehmenswert an, bei dem er seine Aufbauleistung, seine persönlichen Fähigkeiten als Unternehmer, seine Beziehungen sowie den kapitalisierten Rentenwert (Altersvorsorge) in den Vordergrund stellt.

Dem Käufer geht es im Gegenzug um den Wert der übernommenen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter nebst anderen wertbildenden Faktoren, wie Know-How, Marken, Patente, Synergieeffekte und Vertriebschancen). Auch der Going-Concern-wert, also die Berücksichtigung der Risiken und Ungewissheiten der Unternehmensfortführung, spielt für den Käufer eine beträchtliche Rolle.

In der deutschen Bewertungspraxis wird heute zwischen dem Ertragswertverfahren und dem Discounted Cashflow-Verfahren unterschieden.

Für die Bewertung kleinerer und mittlerer Unternehmen wird das Ertragswertverfahren favorisiert. Hierbei werden dem Durchschnittsertrag der letzten fünf Jahre alle einmaligen und außerordentlichen Aufwendungen hinzugerechnet (Wertsteigerung durch Investitionen), alle einmaligen und außerordentlichen Erträge sowie ein Risikoabschlag abgezogen und das Ergebnis auf den Bewertungsstichtag abgezinst und zu einem Barwert zusammengefasst.

Für die Bewertung von großen – häufig börsennotierten – Unternehmen, hat sich das Discounted Cashflow-Verfahren durchgesetzt. Dieses stellt – im Gegensatz zum Ertragswertverfahren – unmittelbar auf Zahlungsgrößen ab. Hierbei werden nicht die zukünftigen Gewinne, sondern der zukünftige Cash-Flow zu Grunde gelegt. Der Cash-Flow zeigt an, wie viel eigen erwirtschaftetes Geld dem Unternehmen für Investitionen, Kredittilgung, Steuern, Ausgleich von Liquiditätsengpässen usw. zur Verfügung steht. Der Cash-Flow wird sodann mit einem gewogenen, also keinem festen, sondern einem gewerteten Kapitalkostensatz abgezinst, um den Gesamtkapitalwert zu erhalten. Den Unternehmenswert erhält man, indem vom Gesamtkapitalwert den Wert des Fremdkapitals abzieht.

Share Deal, Asset Deal

Der Verkauf eines Unternehmens kann durch Übertragung von Gesellschaftsanteilen (Aktien, GmbH-Geschäftsanteilen, Beteiligungen an Personengesellschaften) oder durch die Übertragung aller oder einzelner Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten eines Unternehmens erfolgen.

Mit dem Kauf von Geschäftsanteilen (Share Deal) erwirbt der Käufer automatisch sämtliche vom Gesellschaftsvermögen umfasste Wirtschaftsgüter. Es handelt sich hier um einen Kauf von Rechten, wobei allerdings Vermögenswerte außerhalb des Gesellschaftsvermögens (z.B. Sonderbetriebsvermögen eines Personengesellschafters) nicht vom Kauf mit umfasst werden.

Der Kauf mit Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter (Asset Deal) bietet dem Käufer dagegen die Möglichkeit, einzelne Positionen des Unternehmens zu erwerben, während andere vom Kaufvertrag nicht umfasst werden. Erforderlich hierfür ist eine vollständige Liste mit der Gesamtheit von Sachen und Rechten. Steuerrechtlich kann der Käufer die einzelnen Wirtschaftsgüter in seiner Bilanz mit den Anschaffungskosten ansetzen und sich dadurch ein erhöhtes Abschreibungspotenzial schaffen.

Formerfordernisse

Der Unternehmenskauf ist grundsätzlich formfrei. Es existieren jedoch Vorschriften hinsichtlich bestimmter Teile der Unternehmensübertragung.

So ist etwa der Kauf eines Unternehmens mit Grundstücken beurkundungspflichtig. Gleiches gilt für Asset Deals, wenn sich ein Grundstück im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters befindet und mit übertragen werden soll. Sobald Grundstücke mit vom Kaufvertrag umfasst sind, gilt die Pflicht zur notariellen Beurkundung.

Formbedürftig ist auch die Übertragung von Anteilen an GmbH-Gesellschaften (§ 15 GmbHG). Wird eine GmbH & Co. KG übertragen, so ist zwar die Abtretung der KG-Anteile formfrei, jedoch ist der Kaufvertrag unwirksam, wenn nicht die Abtretung der GmbH-Anteile notariell beurkundet wird.

Die notarielle Beurkundung ist auch dann zwingend, wenn der Kaufvertrag die Verpflichtung zur Übertragung des gesamten gegenwärtigen Vermögens enthält (§ 311b BGB). Diese Vorschrift findet jedoch weder auf Sondervermögen noch auch juristische Personen Anwendung, so dass sie in der Praxis beim Unternehmenskauf keine Wirkungen entfaltet.

Haftung des Käufers

Der Käufer eines Unternehmens hat für die betrieblichen Verbindlichkeiten grundsätzlich zu haften. Bei Übernahme der Firma (Unternehmensbezeichnung) ergibt sich dies aus § 25 HGB, wonach der Erwerber für alle Verbindlichkeiten des früheren Inhabers haftet, wenn er die bisherige Firma fortführt.

TIP: Die Haftung kann allerdings durch Vereinbarung mit dem Verkäufer und Eintragung in das Handelsregister ausgeschlossen werden.

Auch bei Übernahme von GmbH-Anteilen tritt eine gesetzliche Haftung ein. Nach § 16 GmbH haftet der Erwerber eines Geschäftsanteils neben dem Veräußerer für sämtliche rückständigen Leistungen auf die Stammeinlage, für Kapitaleinzahlungen ebenso wie für sonstige Ansprüche, die aus der Mitgliedschaft fließen.

Erwirbt der Käufer von dem Kommanditisten einer KG dessen Gesellschaftsanteil, so haftet ersterer sowohl für Alt- als auch für Neuschulden der Gesellschaft, wenn nicht im Handelsregister deutlich eingetragen wird, dass die Einlage des Verkäufers im Unternehmen verbleibt (§ 176 II HGB).

TIP: Bei dieser Form von Beteiligungskauf ist daher darauf zu achten, dass der Erwerb der Anteile unter der Bedingung der Eintragung einer Sonderrechtsnachfolge erfolgt.

Auch der Erwerber einer Komplementärbeteiligung an der KG haftet für die bestehenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft, und zwar als Gesamtschuldner neben den übrigen Komplementären und dem Veräußerer (§ 130 HGB).

Steuerrechtliche Erwägungen

Der Unternehmenskauf in Form des Asset Deals ist grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit, wenn die Übertragung des Unternehmens oder eines gesondert geführten Betriebs im Ganzen erfolgt (§ 1 UStG). Auch der Beteiligungskauf (Share Deal) gilt als Steuerbefreiter Umsatz (§ 4 UStG), wenn der Käufer Unternehmer ist und das Geschäft für den Betrieb seines Unternehmens erworben wurde.

Einkommenssteuer fällt dagegen auch bei Gewinnen aus der Veräußerung oder der Aufgabe von Unternehmen (§ 16 EStG) oder Unternehmensbeteiligungen (§ 17 EStG) an. Etwas anderes gilt, wenn das Unternehmen unentgeltlich auf den Käufer übertragen wurde, da in diesem Fall keine Gewinn- oder Verlustrealisierung stattfindet. Die Kosten der Veräußerung (Beratungskosten, Vermittlungsprovisionen, Grundbuchkosten, Notargebühren, Gutachterkosten, Inserierungskosten, Reisekosten etc.) werden allerdings bei der Gewinnermittlung berücksichtigt (§ 16 II EStG). Auch bei der Veräußerung einer freiberuflichen Praxis (Ärzte, Rechtsanwälte etc.) fällt Einkommenssteuer an; sie führt allerdings zu einem begünstigten Veräußerungsgewinn (§ 34 EStG).

Bei der Veräußerung können Freibeträge in Anspruch genommen werden. Insbesondere steht dem Verkäufer der halbe durchschnittliche Steuersatz – jedenfalls einmal im Leben – zur Verfügung, wenn er das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist und der Veräußerungsgewinn nicht mehr als 5 Mio. Euro beträgt.

Gewerbesteuer fällt grundsätzlich bei einer Unternehmensveräußerung nicht an, da diese als Objektsteuer an das Ergebnis des lebenden Betriebs anknüpfen soll. Etwas anderes gilt, wenn die Veräußerung durch eine Kapitalgesellschaft vorgenommen wird. In diesem Fall führt der Veräußerungsgewinn zu einem Gewerbeertrag und ist steuerpflichtig.

Arbeitsrechtliche Erwägungen

Im Rahmen eines Unternehmenskaufs ist stets zu berücksichtigen, dass bei Übergang eines Betriebes oder Betriebsteils der neue Inhaber nach § 613a BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt.

Der Käufer wird daher mit Abschluss des Kaufvertrages Arbeitgeber, ohne dass die Arbeitsverhältnisse infolge der Übertragung aufgelöst werden können. Nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Kündigung sogar ausdrücklich unwirksam, wenn der Betriebsübergang der wesentlich mitbestimmende Grund für die Kündigung war. Hier hätte der Verkäufer rechtzeitig durch Rationalisierungs- und Sanierungsmaßnahmen dafür sorgen müssen, das Unternehmen profitabler zu machen.

Fazit

Der Erwerb eines Unternehmens ist einer der juristisch kompliziertesten Sachverhalte für Anwälte. Die Vielzahl von rechtlichen Fragen macht es daher erforderlich, dass sich der Erwerber rechtzeitig vor Aufnahme der Verhandlungen einen spezialisierten Berater nimmt. Insbesondere sollte der Erwerber darauf achten, dass er das zu übernehmende Unternehmen auf Herz und Nieren prüft, bevor die Verträge geschlossen werden. Allzu häufig tauchen im Nachhinein Verbindlichkeiten auf, die ihrem Umfang nach fehlerhaft eingeschätzt wurden und nun zu erheblichen Startproblemen führen. Im Ergebnis ist die Übernahme eines bestehenden Unternehmens jedoch – gegenüber der Gründung einer neuen Gesellschaft – zu favorisieren, da die schwerfällige – regelmäßig fünf Jahre andauernde – Aufbauphase entfällt.

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