Widerrufsrecht: Gesetzesänderung zum 11.06.2010 in Kraft

Am 11.06.2010 tritt eine wichtige Änderung des Widerrufsrechts in Kraft. Diese wird durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdienstrichtlinie und zur...

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Am 11.06.2010 tritt eine wichtige Änderung des Widerrufsrechts in Kraft. Diese wird durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdienstrichtlinie und zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht bedingt sein. Durch diese werden aktuelle genutzte Widerrufsbelehrungen ihre Rechtskraft verlieren, was für die IT-Recht-Praxis von enormer Bedeutung sein wird.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Im Bezug auf das Widerrufsrecht wird der Wortlaut des §355 BGB zum Stichtag deutlich umformuliert. Vor allem eine Abänderung der Absätze zwei bis vier bringt folgende Änderungen mit sich:
  • Die Widerrufsfrist für Fernabsatzgeschäfte wird von, wie bisher einem Monat, auf 14 Tage gekürzt, sofern der Verbraucher durch Vorlage der vollständigen Widerrufsbelehrung in schriftlicher Form, spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses über seine Rechte informiert worden ist. Dies galt zwar schon vorher, ist jedoch nun auch auf eBay-Käufe anwendbar. Hier  wird nun ebenfalls eine 14-Tägige Widerrufsfrist gelten. Diese betrug bisher einen Monat.
  • Auch wenn die Widerrufsbelehrung erst unverzüglich nach Vertragsschluss in vollständiger und schriftlicher Form dem Verbraucher vorgelegt wurde, hat dieser nun noch ein 14-Tägiges Widerrufsrecht.
  • Falls die Belehrung nicht unverzüglich nach Vertragsschluss erfolgte, behält der Verbraucher ein 1-Monatiges Widerrufsrecht.
  • Als Grund für das Vorlegen einer Widerrufsbelehrung erst unmittelbar nach Vertragsschluss kann technische oder organisatorische Beschaffenheit herangezogen werden.

In der Praxis des IT-Rechts wird sich durch die Änderung nun die Frage stellen, wie unverzüglich genau zu definieren ist. Im Verlauf des Gesetzesänderungsverfahrens wurde dabei auf die Bedeutung von „unverzüglich“ im Sinne des §121 Abs. 1 S.1 BGB verwiesen. Hier heißt unverzüglich, ohne schuldhaftes Zögern. Somit kann als Definition ggf. angenommen werden, dass die Widerrufsbelehrung dann als unverzüglich mitgeteilt gilt, wenn der Unternehmer die erste ihm zumutbare Möglichkeit ergreift, um den Käufer in Textform über seine Widerrufsrechte zu belehren. Grundsätzlich kann die Belehrungspflicht als schuldhafte verzögert angesehen werden, wenn der Händler nicht spätestens am Tag nach dem Vertragsschluss die Belehrung in Richtung Käufer auf den Weg bringt.

Da diese Definition jedoch nicht aus dem Gesetz selbst hervorgeht, wird es in der Praxis als umstritten gelten, was die genaue Bedeutung von unverzüglich sein wird. Möglicherweise werden die Gerichte auch eine andere Definition verwenden und einen anderen Zeitraum als noch unverzüglich ansehen, als einen Tag nach Vertragsschluss.
Eine weitere Neuerung wird es auch im Bereich des Wertersatzes geben. Während der Händler bislang, im Falle eines durch den Käufer ausgeübten Widerrufs nur dann Wertersatz gem. §357 Abs. 3 BGB verlangen konnte, wenn er den Käufer spätestens bei Vertragsschluss über diese Möglichkeit belehrt hat, wird es ab dem 11.06. ausreichen, wenn die Belehrung über den Wertersatz ebenfalls unverzüglich nach Vertragsschluss erfolgt.Grundsätzlich ist die Einforderung von Wertersatz ohnehin fraglich, da der EuGH die deutsche Regelung zum Wertersatz bei fernabsatzverträgen gerügt hat. Hier wird bislang noch auf eine Klärung seitens des Gesetzgebers gewartet.
Zusätzlich zu den bereits benannten Neuerungen, wird zum 11.06.2010 zudem noch die BGB-InfoV ihre Rechtskraft verlieren. Diese entfällt zum Stichtag komplett. Alle Regelungen der BGB-InfoV werden stattdessen in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch übernommen (EGBGB). Der Grund für diese, eher formelle Änderung liegt darin, dass die BGB-InfoV eine durch ein Ministerium erlassene Rechtsverordnung war und nicht die Anforderungen eines vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes erfüllte. Die darin enthaltenen Musterwiderrufsbelehrungen hielten somit oftmals gerichtlichen Kontrollen nicht statt. Dies führte in der Rechtspraxis zu Problemen und zu starker Rechtsunsicherheit bei den Händlern. Diese Probleme sollen nun mit der Übernahme der Regelungen in das EGBGB entfallen.
Zur Folge hat diese Änderung, dass ein Verweis auf die Musterwiderrufsbelehrung aus der BGB-InfoV nicht mehr rechtens sein wird, da es diese ja nicht mehr geben soll.
Die Neuerungen, die zum 11.06.2010 ihre Rechtskraft erhalten wirken sich aber nicht nur auf die Inhalte der Widerrufsbelehrungen aus. Als ein weiteres Problem erweist sich   die Tatsache, dass Händler, die in der Vergangenheit auf Grund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen rechtskräftig abgemahnt worden sind und eine Unterlassungserklärung abgegeben haben, nun ggf. in der Zwickmühle stehen, dass sie zwar dazu verpflichtet sind die neuen gesetzlichen Regelungen zu implementieren, damit aber gegen eine Unterlassungserklärung verstoßen, was die Zahlung einer Vertragsstrafe zur Folge haben kann.
Hier sollte vor allem daran gedacht werden, die strafbewehrten Unterlassungserklärungen rechtzeitig zu annullieren, indem man auf die Gesetzesänderung verweist, wonach die Erklärungen ihre Wirksamkeit verlieren.

Links:Gesetzestext auf bundestag.de

Wichtig für den IT-Unternehmer:

Auf Grund der Neuregelungen droht ab dem 11.06. eine Vielzahl von Abmahnungen, da es keine Übergangsregelung geben wird. Die alte Rechtslage gilt somit bis zum 11.06.2010. Ab diesem Datum tritt dann direkt die neue Regelung in Kraft.
Um Abmahnungen zu vermeiden, was sich auf Grund der bislang unklaren Definition von „unverzüglich“ ggf. ohnehin als schwierig erweisen wird, ist allen Online-Händlern dringend dazu zu raten, ihre Widerrufsbelehrungen anzupassen und die geforderten Änderungen schnellstmöglich umzusetzen.

Falls strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben wurden, sollten diese überprüft und ggf. „gekündigt“ werden. Hier empfiehlt es sich einen auf IT-Recht spezialisierten Rechtsanwalt nach Rat zu fragen.

Ab dem 11.06.2010 sollten Widerrufsbelehrungen, die erst nach dem Vertragsschluss versendet werden, schnellstmöglich auf den Weg zum Käufer gebracht werden. Eine spätere Belehrung als am Tag nach dem Vertragsschluss sollte keinesfalls erfolgen.

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