OLG Hamm: 12 gleichartige Abmahnungen rechtsmissbräuchlich.

In einem Urteil vom 24.03.2009 (Az.: 4 U 211/08) entschied das OLG Hamm, dass das Versenden von zwölf oder mehr gleichgehaltenen Standardabmahnungen wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung in Angeboten von...

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In einem Urteil vom 24.03.2009 (Az.: 4 U 211/08) entschied das OLG Hamm, dass das Versenden von zwölf oder mehr gleichgehaltenen Standardabmahnungen wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung in Angeboten von Mitbewerbern rechtsmissbräuchlich sein kann. Der Missbrauch sei vor allem dann zu bejahen, wenn diverse weitere Anhaltspunkte erkennbar seien, die für diesen sprechen.

arbeitsvertrag_10Hintergrund: Im vorliegenden Fall verschickte die Betreiberin eines eBay-Shops zwölf Abmahnungen an die Betreiber anderer Shops. Als Grund für die Abmahnungen nannte sie die Verwendung veralteter Widerrufsbelehrungen. Die Abmahnungen waren alle nach demselben Muster aufgebaut.
Der Empfänger der 12. Abmahnung wiedersetzte sich die Zahlung der Abmahngebühr zu tätigen, woraufhin die besagte Shopbetreiberin Klage beim Landgericht Bielefeld einreichte.
Das LG sah die Klage als unbegründet an und stellte dabei darauf ab, dass es sich bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nur um ein Bagatellverstoß ohne spürbare Beeinträchtigung der Mitbewerber, im Sinne des Paragrafen 3 Abs. 1 UWG, handle.
Die Klägerin ging in Berufung gegen das Urteil. Sie gab an, dass sie selbst ein Interesse an der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen habe, auch wenn die von ihr und den anderen Shops angebotenen Produkte sich nur zu einem sehr geringen Teil überschneiden.
Das OLG entschied in der Angelegenheit, dass die Abmahnungen rechtsmissbräuchlich seien. Begründung des OLG Hamm:
Aus dem Urteil geht hervor, dass die Geltendmachung von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen immer dann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sind, wenn sie vorwiegend dazu dienen über die Geltendmachung von Aufwendungen und Kosten der Rechtsverfolgung, Geld zu verdienen. Das OLG berief sich mit dieser Argumentation auf den § 8 Abs. IV des UWG.
Im vorliegenden Fall sah das Gericht zudem weitere Indizien für die Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnungen in dem Missverhältnis zwischen dem Umsatz der Klägerin im Shop-Betrieb und dem, durch die Abmahnungen erlangten. Die Klägerin habe hiernach mit ihrem Shop einen Umsatz von maximal € 200,- monatlich verbucht während die Einnahmen aus den Abmahnungen deutlich höher ausfielen. Die familiären Verbindungen zwischen der Klägerin und ihrem Anwalt ließen das Gericht darauf schließen, dass die Abmahnungen, gegensätzlich der Aussage der Klägerin, nicht dem Schutz des eigenen wirtschaftlichen Interesses dienten. Vielmehr als das Vorhaben, Mitbewerber aus Schutz der eigenen Tätigkeit zu wettbewerbskonformem Verhalten anzuleiten, sei hier eine eindeutige Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin zu erkennen. Auch die eher nachlässige Durchsetzung der Abmahnungen durch die Klägerin und das „Feilschen“ um die zu zahlenden Abmahngebühren deute eher daraufhin, dass hier eine reine Gewinnerzielungsabsicht mit den Abmahnungen verfolgt werde. Der angegebene Streitwert variierte nämlich zwischen €10.000,- und €5.000,-. Eine Abmahnung könne nur dann der Verfolgung von Wettbewerbsinteressen dienen, wenn diese auch konsequent durchgesetzt werde, so das OLG. Nur so könne ein Wettbewerbsverstoß endgültig und mit Sicherheit abgestellt werden.
Links:Urteil vom OLG Hamm auf jurpc.de

Wichtig für den IT-Unternehmer:

Falls man selbst Opfer einer Abmahnung hinsichtlich fehlerhafter Angaben oder ähnlicher Pflichten geworden ist, sollte man unbedingt rechtlichen Rat diesbezüglich einholen. Unter Umständen ist zu vermuten, dass eine Vielzahl erfolgter Abmahnungen unter die Definition der Rechtsmissbräuchlichkeit des OLG Hamm zu fassen ist.
Somit sollte von Zahlungen und ggf. geforderten Abgaben von Unterlassungserklärungen ohne die Berücksichtigung eines rechtlichen Rats abgesehen werden.
Zudem sollte darauf geachtet werden, dass im Falle von Abmahnvorhaben erst einmal festgestellt werden muss, ob die abzumahnenden Tatsachen einen Wettbewerbsverstoß darstellen und das wirtschaftliche Interesse am wettbewerbskonformen Verhalten der Abmahngegner nachweisbar ist. Andererseits könnten auch in anderen Fällen die erfolgten Abmahnungen wegen Rechtsmissbräuchlichkeit kontraproduktiv wirken.

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