Strukturvertrieb: Unternehmen haftet für selbständige Vertriebspersonen

Viele Unternehmen setzen beim Verkauf auf Vertriebssysteme, bei denen selbständige Vertriebspersonen direkt in ihrem Bekanntenkreis Neukunden akquirieren und für den Verkauf und die Neugewinnung neuer Vertriebspersonen eine Provision...

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Viele Unternehmen setzen beim Verkauf auf Vertriebssysteme, bei denen selbständige Vertriebspersonen direkt in ihrem Bekanntenkreis Neukunden akquirieren und für den Verkauf und die Neugewinnung neuer Vertriebspersonen eine Provision erhalten. Häufig wird hier von Direktvertrieb oder Strukturvertrieb gesprochen.

99af3fe49bDiese Vertriebspersonen sind rechtlich selbständig, jedoch umfassend in das Vertriebssystem des Unternehmens (meist Hersteller des betreffenden Produktes) eingebunden, etwa durch PC-Systeme, Informationsmaterial etc. Bei Werbemaßnahmen im Internet stellt sich in obiger Konstellation nun die Frage, ob das Unternehmen für wettbewerbswidrige Handlungen ihrer selbständigen Vertriebspersonen haftet, obwohl die Handlung nicht abgesprochen ist. In einem nun veröffentlichten Urteil des OLG Köln vom 08.02.2008 (6 U 149/07) ging es um ein Vertriebssystem für Nahrungsergänzungsmittel. Das geltende Recht verbietet es dem Unternehmen, mit einer gesundheitsfördernden Wirkung zu werben, da diese wissenschaftlich nicht erwiesen ist. Insoweit beschränkt sich die Werbung des Unternehmens auf Hervorhebung von Steigerungen des Wohlgefühls oder Zuführung wichtiger Vitamine. Die Gesundheitsfördernde – oder teilweise sogar heilende – Wirkung wird jedoch häufig von Vertriebspersonen beworben (meist mündlich), um den eigenen Absatz zu steigern, zudem sie von der weitergehenden Wirkung meist überzeugt sind. Im vorliegenden Fall hatte eine Vertriebsperson nun mittels Metatags auf seiner Internetseite mit einer gesundheitsfördernden Wirkung geworben. Ein Wettbewerber erkannte diese Rechtsverletzung und mahnte das Unternehmen direkt ab, welches sich damit verteidigte, dass die unzulässige Werbung des Vertriebspartners nicht bekannt gewesen sei und damit eine Haftung des Unternehmens ausscheidet. Der Senat folgte dieser Ansicht nicht. Nach § 8 II UWG hafte das Unternehmen für seine selbständigen Vertriebspersonen wenn a.) die Vertriebsperson in die Organisation des Unternehmens eingegliedert ist, b.) das Unternehmen auf ihn einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss ausüben kann, c.) der Erfolg der Geschäftstätigkeit des Handelnden dem Unternehmen zugute kommt und d.) die Handlung „im Unternehmen des Geschäftsherrn“ stattfindet, mithin keine rein private Tätigkeit des Handelnden vorliegt. Nach Ansicht des Senates lagen alle Voraussetzungen vor, so dass den Unterlassungsansprüchen des Wettbewerbers stattgegeben wurde.Links:Volltext bei JurPC

Wichtig für den IT-Unternehmer:

Unternehmen mit einem Direkt- oder Strukturvertriebssystem sollten bei diesem Urteil aufmerksam werden. Normalerweise ist jeder Selbständige für seine Werbung selbst verantwortlich, so dass sein Lieferant außen vor bleibt. Bei Einbindung in das Vertriebssystem findet jedoch aus Sicht einiger Gerichte ein Ausdehnung statt, so dass nun § 8 UWG zur Anwendung kommt, der eigentlich für Handlungen der Mitarbeiter oder Beauftragten angedacht ist. Ergibt sich nun die Pflicht für derartige Unternehmen, die Werbemaßnahmen ihrer Vertriebler noch weitgehender zu überwachen.

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